Diese Urheberrechtsreform hat so einige Probleme:
- Die Zielsetzung: Was möchte man eigentlich? Urheberrechte stärken? Super Idee. Google, Facebook & schwächen? Keine schlechte Idee, aber das Urheberrecht ist da nicht ganz das richtige Mittel. -> eine Digitalsteuer im Sinne von 'Gewinne müssen da versteuert werden, wo sie erzielt werden' und dabei die EU als Ganzes sehen, so dass keine internen Steueroasen mehr entstehen können, wär z. B. ein gutes Mittel oder das Kartellrecht.
- Die federführenden Personen: Hat man in diesem nicht ganz kleinen Parlament wirklich niemanden gefunden, für den das Internet kein Neuland ist? Oder falls Herr Voss zumindest fundiertes Wissen zum Urheberrecht hat, hätte man ihm nicht einen Internetexperten zur Seite stellen können, der Input zur Machbarkeit bestimmter Elemente der Reform hätte geben können? Oder zumindest einen PR-Experten, der u. a. folgendes 'Highlight' hätte verhindern können? -> Herr Voss findet die Google-Kategorie "Memes" (
Link)
- Der Entstehungsprozess (wobei das ein genereller Kritikpunkt ist) : Wer hat bei der Richtlinie Lobbyarbeit geleistet? Wer war erster / bevorzugter Ansprechpartner der Parlamentarier? In der Regel eben nicht die eigentlichen Urheber, sondern Verlage und Interessensverbände, die es sich leisten können, ständig Vertreter in Brüssel zu haben. Man könnte nun vermuten - und ich denke nicht nur viele Beführworter der Reform innerhalb und außerhalb des EU-Parlaments sehen das sicher so -, dass diese die Interessen der Urheber vertreten, aber das stimmt nur zum Teil. Gerade bei den Zeitungsverlagen hat man doch häufig den Eindurck, dass Brüssel das Problem lösen soll, das sie selbst eben nicht lösen können und zum Teil erst selbst geschaffen haben: Wie bekomme ich Leser im Internet dazu, für Journalismus zu zahlen? (Sieht man auch immer wieder, wenn es in Deutschland darum geht, wie viel Text die öffentlich-rechtlichen Sender in ihren Apps bzw. auf ihren Internetseiten verwenden dürfen.) Ob das etwas ist, dass eine Richtlinie ändern kann? Man weiß es nicht...
- Der Umgang mit Kritikern: Wenn man Kritiker pauschal als 'Bots' (weil Protest bzw. Kritikmails von gmail-Adressen kamen... <- Ernsthaft...? Was ist das bitte für eine Logik?) oder 'gekaufte Demonstranten' (wobei es wohl eher um Reisekostenerstattungen für 'Normalsterbliche' ging, damit diese in Brüssel auch mal die Chance haben, mit den Abegordneten zu reden, worin ich nun wirklich kein Problem sehe ->
Quelle) bezeichnet, dann nimmt man ihre Anliegen und Ängste nicht ernst und muss sich über bestimmte Hashtags auch nicht wundern. Wenn man von seinem Handel überzeugt ist, sollte man auch in der Lage sein, es Kritikern sachlich zu erklären - vielleicht könnte man so ja auch einige Bedenken zerstreuen. (Und ja, auch von Seiten der Kritiker wurden Grenzen überschritten und auch das geht gar nicht und ist in keinster Weise zielführend.)
- Die Umsetzung: Im Grunde möchte man, dass Plattformen wie Youtube Lizenzen mit Rechteinhabern und Urhebern bzw. deren Vertretern abschließen. Grundsätzlich ist das auch keine schlechte Idee, aber sie hat so ein paar Tücken.
- Nicht jeder Urheber ist bisher 'gewerkschaftlich' organisiert. Wie erreicht man also jeden Urheber? Wie erkennt man, ob es vielleicht gerade der Urheber ist, der sein Werk hochlädt und filter es nicht raus, weil man die Rechte nicht zuordnen kann?
- Was macht die Plattform, wenn der Rechteinhaber nicht auf die Anfrage reagiert? Für Youtube eher keine Problem, die kennt man als Rechteinhaber in der Regel, aber für eine kleine europäische Plattform, die z. B. bei Disney nach einer Lizenz fragt, könnte das durchaus ein Problem werden. Es müsste also geklärt werden, ob mehrfaches Nachfragen ohne Reaktion genügt, um sich bemüht zu haben und ob man die Werke nun verwenden kann oder eben nicht.
- Wie kommt man eigentlich darauf, dass jeder Rechteinhaber / Urheber ein Interesse daran hat, eine Lizenz zu erteilen? Gerade bei den großen Hollywood-Studios habe ich da so dezent meine Zweifel. Insbesondere, wenn ich gerade auf die Probleme zwischen Warner Brothers und Amazon schaue... und da geht es ja um Lizenzen zum Weiterverkauf. (Hintergrund: WB will seinen eignen Streamingdienst aufmachen - also irgendwann Ende 2019 voraussichtlich... genaue Infos und Starttermin gibt es aber noch nicht - und hat Amazon schon mal (fast) alle Lizenzen entzogen. Sachen, die bei Prime inkl. sind, sind noch da und auch gekaufte Inhalte sind nicht weg - aber z. B. "Harry Potter" kann man zzt. nicht mehr über Amazon (Prime) Video schauen.)
- Und wie sollen die Plattformen eigentlich kontrollieren, ob ein User gerade eine Urheberrechtsverletzung begeht? Gerade die großen Plattformen wie Youtube werden in Anbetracht der Datenmengen kaum um technische Lösungen herumkommen - das kann man nicht rein manuell prüfen. Bei kleine Plattformen ist das ggf. anders. Es wäre einfach gut gewesen, sich im Verlauf der Verhandlungen mit unabhängigen IT-Experten zusammenzusetzen und nach praktikablen Lösungen zu suchen - und sie dann am besten auch gleich mit in die Richtlinie zu packen, damit eben niemand auf die Idee kommt, Uploadfilter zu nutzen, die - einmal in der Welt - zum Missbrauch einladen -> und das ist ja eine der Hauptsorgen der Kritiker, dass der ein oder andere Staatschef neben Urheberrechtsverstößen auch gleich noch ein paar unliebsame Meinungen mit rausfiltern lässt...
Klarstellung meinerseits:
Das Hochladen eines urheberrechtlich geschützten Werkes z. B. eines Films, eines Liedes, eines (Audio-)Buchs, dass nicht das eingene ist, mit dem Ziel Geld damit zu verdienen oder einen normalerweise kostenpflichtigen Inhalt kostenlos zur Verfügung zu stellen, ist Piraterie und gehört bestraft - und das gilt nicht nur für die Plattform, sondern auch für die Person, die das Verbrechen begeht.
Ich halte aber z.B. Fanvideos zu bestimmten Serien oder Filme unter Nutzung von urheberrechtlich geschützem Material eben dieser und teilweise zusätzlich von Musikstücken durchaus für eigene Werke, für die man eine praktikable Lösung finden sollte. Eventuell dadurch, dass man im Prozess des Hochladens angeben muss, aus welchen Werken Inhalte verwendet werden, damit da entsprechend Geld die Produzenten / Rechteinhaber und Musiker fließen kann.
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