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Thema: Aristophania

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    Mitglied Avatar von Zardoz
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    Aristophania

    Irgendwo in einem anderen Thread schrieb einmal jemand, dass im Vergleich zu seinen Lieblingscomics aus vergangener Zeit Verlage wie Splitter heute nur noch schnelllebige Massenware anbieten. Er hat es so oder ähnlich, aber doch ziemlich drastisch und abschließend formuliert. Hätte er Aristophania zu diesem Zeitpunkt gekannt, bin ich mir sicher, dass sein Urteil anders, jedenfalls nicht so streng ausgefallen wäre.

    Immer wenn ich "Xavier Dorison" auf dem Cover eines Comics lese, überlege ich nicht lange, sondern greife sofort zu. Mit dem Namen verbinde ich gute, unterhaltsame, phantasiereiche Geschichten, also schlichtes Lesevergnügen. Ich erinnere mich, mit welcher Begeisterung ich Long John Silver, Ulysses 1781 und Undertaker gelesen habe. Selbst Heiligtum hat mich gefesselt, obwohl ich im Horrorgenre nicht wirklich zu Hause bin. Auch diesmal hat Dorison mich nicht enttäuscht. Aristophania ist ein Märchen, eine anrührende Geschichte über drei unterschiedliche Geschwisterkinder, die schon früh ihren Vater verloren haben, und erst später mehr über die Hintergründe seines Todes erfahren. Der Leser selbst wird schon eher eingebunden in den Kampf Gut gegen Böse und hat ihnen zunächst einiges an Kenntnissen voraus. In der Erzählung gibt es ruhige Momente, nahezu poetische Augenblicke, aber auch spannungsgeladene, actionreichen Szenen. Nach meinem Verständnis besteht die Meisterschaft von Dorison auch darin, dass es ihm gelingt, den Leser sofort für seine Figuren zu interessieren. Es gibt viele Autoren, die nahezu den gesamten ersten Band einer Reihe benötigen, um die Protagonisten vorzustellen und um in die Grundlagen zu schaffen, ohne die eine späteres Verständnis des Geschehen nicht möglich wäre. Aristophania hat mich schon mit Beginn der ersten Seite, sogar mit den ersten Worten in seinen Bann gezogen und nicht mehr losgelassen.

    Und das Artwork? Parnotte kannte ich bisher noch nicht. Er hat den "Waffenmeister" gezeichnet, den ich damals aus Platz- und Kostengründen (obwohl von Dorison geschrieben!) ausgelassen habe. "Das Geschlecht derer von Porphyre" lag vor meinem Wiedereinstieg in die Welt der Bildergeschichten, wird aber von auffällig vielen alte Kämpfern gelobt. Mir gefällt sein Stil ausgesprochen gut. In Aristophania überzeugt er mit einem sehr feinem Strich. Unterschiedliche Perspektiven bauen Spannung auf. Großartig die Darstellung der harten Lebensbedingungen im Frühkapitalismus, insb die Szenen im "Stahlwerk", die an Gemälde von Menzel erinnern. Bei den Gesichtern muss nicht lange überlegt werden, wer die Person sein soll. Schöne Landschaftsbilder in großformatige Panels runden den guten Gesamteindruck ab. Noch ein Wort zur Colorierung. Keine grellen Farben. Es dominiert eine blasse Farbgebung. Sepiatöne sowie viele Abstufungen von Grau überwiegen, was gut die triste Atmosphäre gerade in den Arbeiter- und Industrievierteln unterstreicht. Story, Zeichnungen und Colorierung geben einander Halt und passen sehr stimmig zusammen.

    Fazit: ein äußerst gelungener Start in 2020. Schon gleich zu Beginn des Jahres ein Kandidat für meine persönliche Bestenliste. Mal wieder eine Serie, auf deren Fortsetzung ich mich richtig freue.
    Geändert von Zardoz (26.01.2020 um 17:44 Uhr)

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