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Thema: Serienkonzepte mit vielen oder gar keinen Helden - Blueberry & Corto aus Lucky Luke

  1. #1
    ist irgendwie doch wieder zaktuell Avatar von ZAQ
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    Serienkonzepte mit vielen oder gar keinen Helden - Blueberry & Corto aus Lucky Luke

    Aus einem anderen Thread und auch nur deshalb mit Komplettzitat (Hervorhebung darin von mir):
    Zitat Zitat von Grubert Beitrag anzeigen
    Nein das sehe ich gar nicht so.
    Klar sind da viele starke Charaktere, sonst wäre die "Salzmeer Ballade" auch nicht so toll, aber Corto steht im klar Zentrum der Handlung, nur er erfüllt die Tribute des klassischen Abenteuer Helden. Und um der zu sein muß er auch nicht in jeder Szene auftauchen, darf er auch mal längere Zeit ganz fehlen. Und da gibt es auch andere berühmte Heldenfiguren, die nicht die komplette Handlung dominieren müssen, um trotzdem der Protagonist zu sein.

    Und um auf die Einwände von JRN zurück zu kommen, die sind berechtigt, denn klar stehen auch Pandora und Cain im Zentrum der Erzählung, das unterscheidet die Ballade von den späteren Corto Abenteuern, aber die beiden entsprechen nicht den Vorstellungen eines Helden, wie Corto das tut.
    Und man kann jetzt diskutieren inwiefern das jetzt den Blick und die Einschätzung auf die Ballade als Ganzes beeinflusst, aber für mich bleibt es der Klassiker des Abenteuers, und das muß nicht so schlicht sein wie bei Errol Flynn (dessen klassische Filme ich auch sehr mag), um nicht trotzdem eine reine Abenteuergeschichte zu sein, die gerade wegen der nicht so gängigen Komplexität der Situation und der Charaktere so gut ist.

    Jedenfalls sehe ich neben Corto nur noch die Geschwister im Zentrum der Handlung, und alle anderen sind Nebencharaktere, die um diese 3 herum gruppiert sind, so interessant diese auch auf sehr unterschiedliche Art sind. Auch Slütter, der für mich der Faszinierendste der Anderen ist.

    Übrigens ist Blueberry im Album mit dem Gespenst auch in größeren Teilen nicht präsent, läuft sogar der Handlung fast durchweg hinterher, genau genommen tut er nur wenig im ganzen Album, und Luckner dominiert es, trotzdem wird wohl niemand wirklich bestreiten, daß er der übliche Held der Geschichte ist.
    Vielleicht ist das der Punkt: "Der übliche Held". Ich sehe die Ballade als unübliche Geschichte, insofern als sie eben gar keinen 'üblichen Held' hat. Sie funktioniert wunderbar losgelöst von der aus ihr entstandenen Serie um Corto Maltese. Und wenn man es schafft, sie losgelöst davon zu lesen, versteht man vielleicht besser, dass die Rolle von Corto dort nur 'eine unter vielen' ist. Oder anders ausgedrückt: Es ist ein Werk, bei dem nicht eine einzelne Person (der übliche Held) im Mittelpunkt steht, sondern die Geschichte. Und ganz ehrlich: So sehr ich auch die Kurzgeschichten in den ersten Corto-Bänden auch mag, aber was mich an der Südseeballade fasziniert, ist grade, die Tatsache, dass dort eine Geschichte erzählt wird, die eben nicht nach 'üblichen' (Serienhelden-)Mustern gestrickt ist, sondern es wagt, einem anderen Konzept zu folgen. Für mein Gefühl sind die eigentlichen 'Helden' die im Vergleich eher langweiligen Personen Pandora und Cain. Sie tun nicht viel, sind aber der Auslöser und Katalysator der Geschichte. Um sie herum entwirft Pratt dann eine ganze Schar von illustren, interessanten Charakteren (die eben auch wirklich Charaktere sind, weil sie unterschiedliche Charaktere haben), die ganz unterschiedliche Interessen haben, Motiven folgen und die zuweilen insoweit widersprüchlich sind, als ihre Interessen und ihr Charakter im Widerspruch zueinander stehen, was zu einer komplexen Motivation für ihr Handeln führt.
    Man mag das gerne anders sehen, aber in der hier von mir skizzierten Lesart ist Corto ziemlich deutlich nicht der Held, schon gar nicht ein üblicher...
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  2. #2
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    Wieder: Hervorhebung von mir und auch noch aus dem anderen Thread:
    Zitat Zitat von BobCramer Beitrag anzeigen
    Ehrlich gesagt glaube ich, dass dieses Konzept mit den wechselnden Protagonisten zu abstrakt bzw. von vornherein eine Totgeburt war. Leser brauchen eine starke Identifikationsfigur, die wollen sich nicht bei jedem Album auf einen neuen Hauptcharakter einstellen. (...)
    Vielleicht ist das genau der Grund, weswegen die Südseeballade - zumindest für die jüngeren, damals - nicht funktioniert hat: In ihr fehlt - zumindest nach meiner oben skizzierten Lesart - die 'starke Identifikationsfigur'.
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  3. #3
    Ex-Exphilosoph Avatar von Jovis
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    Ich glaube, diese Diskussion wird sich notwendigerweise zu sehr im hypothetischen Bereich abspielen. Identifikationsfiguren sind wahrscheinlich nötig, aber wie viele es braucht oder ob es nur einen geben darf, und ob das noch eine 'starke' ID-Figur sein muss, da würde ich mich nicht festlegen wollen. Wenn es gut gemacht ist, ließe sich eine Serie mit vielen, wechselnd im Hauptfokus seienden und unterschiedlichen Helden bestimmt durchsetzen. Und Corto ist nicht wirklich exklusiv daran gescheitert. Corto war einfach insgesamt zu anders als alles andere. Da wüsste ich dann zum Vergleich ganz gerne wie Kommissar Spada in der Lesergunst abgeschnitten hat, der war nämlich auch eher ungewöhnlich.

    Und DAS hätte ich dann auch gerne noch hier:

    Zitat Zitat von Jovis Beitrag anzeigen
    Zumindest wäre Blueberry seiner Zeit voraus gewesen. Schauen wir mal auf LOST, dann ist das Konzept da doch sehr erfolgreich gewesen. Und die Idee ist durchaus öfter da gewesen. In Deutschland wurden mehrere Serien zusammengelegt in eine namens "Von Cowboys, Sherriffs und Banditen" und haben damit suggeriert es sei eine Anthologie-Serie mit einer kleineren Zahl fester Bezugspersonen.

    Und nehmen wir doch ruhig mal an, man hätte wirklich die Qualität der Stories in den Mittelpunkt gerückt und Craig hätte den Nachschub-Treck in Fort Navajo 3 angeführt und gegen Quanah gekämpft und Crow hätte in Fort Navajo 4 die Verhandlungen mit den Indianern geführt und - jetzt kommt's - Jimmy MacClure hätte die Mine der Mexikaner zerstört, vielleicht mit Hilfe der Jayhawkers und dem alten Dorfbewohner... das hört sich gar nicht SO übel an, oder? Besonders letztere wäre eine wahrlich außergewöhnliche Geschichte geworden.
    Lasst uns bei dem Thema ruhig mal über'n Teich gucken zu den X-Men und vielen anderen.
    Und auch nicht zu vergessen sind so Anti-, Minus- und Garnicht-Helden wie Kasimir. Dessen Serie verkauft sich gerade im Moment scheinbar ganz gut und gegen Kasimir schlägt Corto's Blueberry-Level mit lautem Ping ganz oben an.
    Geändert von Jovis (30.01.2024 um 16:35 Uhr)
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  4. #4
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    Nicht nur Lost (das ich allerdings nie gesehen habe), sondern auch sämtliche Star-Trek-Serien seit TNG (außer vielleicht Picard) haben ja bewiesen, dass Serien, bei denen in fast jeder Folge eine andere Figur im Mittelpunkt steht (manchmal auch zwei), sehr gut funktionieren können. Da gab es ja nun wirklich sehr viele Episoden, in denen die nominelle Hauptfigur, also der Captain, nur in einer Szene auftauchte, während Data, Worf, Dr. Bashir, O'Brien oder gar Quark und die Ferengi jeweils die tragende Rolle spielte. Und bei Ensembleserien wie ER, West Wing, Grey's Anatomy, etc. ist das ja ähnlich, auch wenn sich da die Folgen selten nur auf eine Figur konzentrieren.

    Im Comicbereich fällt mir spontan z.B. Allein ein, das in den späteren Alben ein ähnliches Konzept verfolgt wie Star Trek.

  5. #5
    Ex-Exphilosoph Avatar von Jovis
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    OMG, natürlich. Star Trek! Gehört dringend als Beispiel hierher. Danke. Genau.
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  6. #6
    Mitglied Avatar von frank1960
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    Das gab's doch schon bei hopple hopple hopple hopple Bonanza. On this land we put our brand in jeder Folge neu, Hoss und Joe und Adam know, jeder is mal dran. Auch der Koch machte mal Urlaub, und war im Liebeswahn. Im Westen viel Neues.
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  7. #7
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    Und es gibt hunderte Weltraumhitlerhefte, in denen der titelgebende "Mr. Spacehilter" entweder nicht auftaucht oder gar nicht erst genannt wird.
    Die Amis hatten LOSH (DC) eine Serie mit rotierenden Chefsesseln und wechselndem Personal und den DEFENDERS (Marvel) gar ein waschechtes "non-team" am Start. Alles alte Stetsonhüte.
    Ein Leben ohne Roboter ist möglich, aber sinnlos.

  8. #8
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    Zitat Zitat von HerrHase Beitrag anzeigen
    (...) Serien, bei denen in fast jeder Folge eine andere Figur im Mittelpunkt steht (...)
    Arrgh! Erinner mich daran! Im ZDF gabs, als ich jung war, "Die Leute von der Shilo Ranch" - Das versprach vom Titel her auch 'personelle Abwechslung' - und wir mochten damals vor allem Trampas (Dough McClure) und wünschten/hofften jedesmal, dass der im Mittelpunkt stehen würde. Leider wurden wir meistens enttäuscht und es war wieder James Drury, als der Vormann, um den es vornehmlich ging. Erst Jahrzehnte später wurde mir klar, dass das kein Wunder war, denn im Original war die Reihe The Virginian betitelt, eben jener Rolle, die von James Drury verkörpert wurde. Es war lediglich das blöde ZDF, dass mit ihrem deutschen Titel 'gleichberechtigte' Folgen-Verteilungs-Erwartung der zentralen Figur geweckt hatte...

    Jaja, die alte, karge Zeit. Nicht nur, dass wir nix hatten, wir hatten auch noch enttäuschte Erwartungen
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  9. #9
    Mitglied Avatar von frank1960
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    Shiloh Ranch war die Serie, wo die meisten Züge ankamen. Einer fuhr davon und nahm die Betsy mit. Davon mal abgesehen, hatte Trampas Screentime en Masse. Während der charismatische Virginian mehr der Kitt war, der die Chose zusammenhielt. McClure hat dann auch noch eine bescheidene aber immerhin Kinokarriere hingelegt, während Drury irgendwie verloren ging. Wie haben wir damals gesungen: Die Leute von der Shiloh Ranch, die reiten zu der Knoddl Ranch la la la la la la la laaa... Mensch, wir hatten doch keine karge Zeit. Schön war's.
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  10. #10
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    Mir fällt ein:
    ganz viel von Leo..... Betelgeuze und so..... mehr oder weniger starke Hauptfiguren
    Capricorn
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    usw. - sicherlich noch ganz viel mehr, wenn man den "Held" im Vordergrund zu den "Randfiguren" zurücknimmt.
    Und dann gibt es noch viele Comics mit mehr oder weniger starken "Partnerfiguren" oder "Paaren"

  11. #11
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    Vor allem gibt es sehr viele Comicserien, wo die Nebenfiguren wesentlich interessanter sind als die Titelhelden (z.B. Spirou, Asterix, LL, Bizu, Micky Maus...), aber das wär wieder ein anderes Thema.

    Das Kriminalmuseum von Kuijpers war ja auch erst als Ensembleserie konzipiert, Franka hat sich dann aber sehr schnell in den Vordergrund gespielt.

  12. #12
    Ex-Exphilosoph Avatar von Jovis
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    Zitat Zitat von HerrHase Beitrag anzeigen
    aber das wär wieder ein anderes Thema.
    Vielleicht macht es aber Sinn, das auch hier anzusprechen? Nur zu. Meinen Segen hättest du.
    Art is a naked dream for consciousness.

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  13. #13
    Mitglied Avatar von Mervyn
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    Zitat Zitat von HerrHase Beitrag anzeigen
    Vor allem gibt es sehr viele Comicserien, wo die Nebenfiguren wesentlich interessanter sind als die Titelhelden (z.B. Spirou, Asterix, LL, Bizu, Micky Maus...), aber das wär wieder ein anderes Thema.
    Na, jetzt hast du aber den Oberlangweiler Tim vergessen.
    Ohne die skurrilen Nebenfiguren wäre Tim & Struppi wahrscheinlich nie über das Niveau der ersten zwei Alben hinaus gekommen.
    Tim ist nur als Identifikationsfigur für den Leser dabei.

  14. #14
    Mitglied Avatar von Grubert
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    Zitat Zitat von ZAQ Beitrag anzeigen
    Aus einem anderen Thread und auch nur deshalb mit Komplettzitat (Hervorhebung darin von mir):

    Vielleicht ist das der Punkt: "Der übliche Held". Ich sehe die Ballade als unübliche Geschichte, insofern als sie eben gar keinen 'üblichen Held' hat. Sie funktioniert wunderbar losgelöst von der aus ihr entstandenen Serie um Corto Maltese. Und wenn man es schafft, sie losgelöst davon zu lesen, versteht man vielleicht besser, dass die Rolle von Corto dort nur 'eine unter vielen' ist. Oder anders ausgedrückt: Es ist ein Werk, bei dem nicht eine einzelne Person (der übliche Held) im Mittelpunkt steht, sondern die Geschichte. Und ganz ehrlich: So sehr ich auch die Kurzgeschichten in den ersten Corto-Bänden auch mag, aber was mich an der Südseeballade fasziniert, ist grade, die Tatsache, dass dort eine Geschichte erzählt wird, die eben nicht nach 'üblichen' (Serienhelden-)Mustern gestrickt ist, sondern es wagt, einem anderen Konzept zu folgen. Für mein Gefühl sind die eigentlichen 'Helden' die im Vergleich eher langweiligen Personen Pandora und Cain. Sie tun nicht viel, sind aber der Auslöser und Katalysator der Geschichte. Um sie herum entwirft Pratt dann eine ganze Schar von illustren, interessanten Charakteren (die eben auch wirklich Charaktere sind, weil sie unterschiedliche Charaktere haben), die ganz unterschiedliche Interessen haben, Motiven folgen und die zuweilen insoweit widersprüchlich sind, als ihre Interessen und ihr Charakter im Widerspruch zueinander stehen, was zu einer komplexen Motivation für ihr Handeln führt.
    Man mag das gerne anders sehen, aber in der hier von mir skizzierten Lesart ist Corto ziemlich deutlich nicht der Held, schon gar nicht ein üblicher...
    Ja, ich sehe ja vieles davon genau so, oder zumindest ähnlich, und vielleicht ist auch die Frage wie man in dem Zusammenhang hier "üblich" definiert. Gemessen an den meist einfachen Zack Helden ist Corto ein unüblicher Held, und die Ballade eine andere Art von Comic, aber gemessen an allem was ich so an Genre Werken als Comic, Film und Roman kenne, und auch nur die die noch weitgehend die Genre Regeln einhalten (aber das sind die Meisten), ist Corto ein typischer Held, und die Ballade nicht wirklich ungewöhnlich.
    Und dieser übliche Held, hier der Zyniker mit weichem Kern, der muß ja nicht so ein langweiliger Saubermann wie Old Shatterhand oder die meisten Zack Helden sein, der darf auch Brüche haben oder gar ein wenig zwielichtig sein, aber solange er am Ende das tut was die Helden so tun, und das tut Corto immer, solange ist er der übliche Held.

    Und daran ändert auch wenig daß natürlich Pandora und Cain ebenso im Mittelpunkt der Handlung stehen, sie sogar mehr bedingen wie Corto. Jedoch ohne Corto wäre die Ballade ein anderer Stoff, erst durch Corto wird sie zu einem reinen Genrewerk, zu einem Klassiker des Abenteuers. Die Handlung wäre tatsächlich an sich auch ohne Corto denkbar, und dafür müsste gar nicht so viel abgeändert werden, aber dann wäre es tatsächlich etwas ganz anderes.

    Kann sein daß Corto auf der Hälfte der Seiten gar nicht auftaucht, aber ich schätze daß er trotzdem die größte Präsenz im Comic hat, aber Pandora und Cain kommen gleich danach, aber alle anderen sind ihnen untergeordnet. Rasputin ist natürlich auch sehr präsent, aber er ist klar ein "Böser", wenn auch trotzdem nicht der typische Antagonist. Und natürlich sind dann für die 2. Hälfte auch noch Slütter und der Mönch sehr wichtig, aber Cortos Status als Held wird auf unterschiedliche Art auch von denen nicht berührt. Und alle anderen sich eindeutig Nebenfiguren, sehr interessante zwar, aber sie stehen nicht im Fokus. Aber sie beleben den Comic ungemein, auch solche die nur ganz am Rande auftauchen, wie z.b. Taki Jap.

    Im Übrigen steht Corto in all seinen weiteren Abenteuern gelegentlich auch mal nicht im Mittelpunkt. Neben dem schmalen Jugendband, der von Rasputin aus erzählt ist, fällt mir spontan zumindest noch eine weitere KG ein, in dem Corto nur eine Nebenfigur ist.

    Letztendlich war die Ballade nicht als Corto # 1 angelegt, aber bevor ich nicht darüber gelesen hatte, war mir das auch nicht aufgefallen. Und das tut es nach wie vor nicht.
    Geändert von Grubert (01.02.2024 um 09:43 Uhr)

  15. #15
    Ex-Exphilosoph Avatar von Jovis
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    Es macht natürlich trotzdem unheimlich was aus, dass die Südseeballade als Corto Maltese veröffentlicht wird und nicht als Südseeballade (auch in Zack!). Ich frage mich schon, ob ich sie sonst nicht mehr als Cain/Pandora-Geschichte wahrgenommen hätte. Aber wenn man die Geschichte als Serie "Corto Maltese" kennen lernt, dann wundert man sich zwar über seinen Tod, aber auch diese fantastische Wendung ist ja nur noch halb so genial, wenn man im Grunde schon weiß, dass der "Held" wiederkommen wird.
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  16. #16
    Mitglied Avatar von Manxman
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    Wurde das schon erwähnt? Mit Südseeballade gab es das Corto Maltese-Serienkonzept doch noch gar nicht. Aber Hugo Pratt fand halt, dass man mit der Figur von Corto noch weitere Geschichten erzählen sollte.

  17. #17
    Ex-Exphilosoph Avatar von Jovis
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    Ja, das wurde schon erwähnt. Auch, dass das mit Blueberry auch so sein sollte. Das war eigentlich auch der Aufhänger für die Diskussion.
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  18. #18
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    Das Konzept des Titelhelden, der gar nicht im Mittelpunkt steht, haben dann Yann & Conrad mit ihrer ersten Helden-ohne-Skrupel-Geschichte auf die Spitze getrieben. Der ursprüngliche Titelheld, ein schneidiger Soldat, wird schon im dritten Panel oder so vom Auto überfahren. Stattdessen tauchen dann diese drei skurrilen Antihelden auf, die irgendwie bei der Armee gelandet sind, aber keinen Bock auf Krieg, Soldatentum, Arbeit oder irgendwas haben.

    Bei LL ist eigentlich jede Figur interessanter als der Titelheld, selbst sein Pferd (das sogar besonders). Micky-Maus-Comics finden viele ja langweiliger als die Ducks, aber im Grunde hat er viel schillerndere Nebenfiguren, von Goofy über Gamma und Atömchen bis zum Schwarzen Phantom.

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