In den Neurowissenschaften wird seit den 1950er Jahren der Begriff
Homunculus metaphorisch gebraucht. In der
Anatomie des
Gehirns werden Repräsentationen von Körperteilen an der Zentralfurche als
sensorischer Homunculus bzw.
motorischer Homunculus verstanden. Für alle sensiblen und motorischen Bahnen gibt es eine Punkt-zu-Punkt-Zuordnung zwischen der Körperperipherie und dem Gehirn. So ist z. B. eine bestimmte Zellgruppe in der
Großhirnrinde (Cortex) für die bewusste Wahrnehmung eines Schmerzreizes in einem ganz genau definierten Hautareal, und zwar nur für dieses, zuständig. Das Gehirn kann also allein aus der aktivierten Zellgruppe im Cortex schlussfolgern, in welchem Körperabschnitt der Schmerz auftritt. Diese Projektionen vom Körper auf das Gehirn entsprechen den
sensorischen und
motorischen Rindenfeldern. Die Größe des Zellgebietes im Rindenfeld entspricht nicht genau dem Ausmaß des Areals im Körper. Für besonders feinsensible oder feinmotorische Körperabschnitte (z. B. Finger) stehen recht große Rindenareale zur Verfügung. Andere Körperteile, die keine fein abgestimmten Bewegungen ausführen und die nicht so schmerzempfindlich sind (z. B. Bauch), haben nur relativ kleine Rindenfelder. Der "Homunculus", der durch die symbolische Nachzeichnung der mit den Cortexarealen assoziierten Körperteile entsteht, ist also gegenüber der tatsächlichen Körpergestalt stark verzerrt.
Wilder Penfield hatte die Projektionen entdeckt. Er skizzierte die Größenproportionen und bezeichnete die Zeichnung im Rückgriff auf den kulturhistorischen Kontext scherzhaft als
Homunculus. Dieselbe Art der symbolischen Abbildung wird in der Alternativmedizin für die
Reflexzonen verwendet.
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