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Thema: DIGEDON-Kalender 2022

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  1. #11
    Mitglied Avatar von komnenos
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    Uhrviech hatte sich ja in Post #192 eine Fortsetzung der Story vom April-Kalenderblatt (Post #191 ) gewünscht. Jetzt, mit dem August-Kalenderblatt ist die Gelegenheit gekommen, oder sagen wir besser:


    Der Tag der Abrechnung

    Während sich Sinus Tangentus Augen erschrocken an die Mündung von Mac Gips Waffe hefteten, stiegen unwillkürlich Erinnerungen an ferne Tage in ihm auf.

    Seine Kindheit auf dem Latifundium eines reichen Römers war durchaus glücklich. Sein Vater unterrichtete die Kinder des Hausherren und durfte dabei auch seinem Sohn dieselbe Bildung mit vermitteln. Die Familie hatte griechische Wurzeln und so hieß Sinus ursprünglich Demetrius. Seinen römischen Namen sollte er erst erhalten, als er eine Ausbildung bei einem römischen Architekten genoss, der schnell seine Vorliebe für Mathematik, aber auch für die Ingenieurskunst entdeckte und förderte. Nachdem Sinus diverse Bauvorhaben auf dem Landsitz seiner Kindheit realisiert hatte, schenkte der Grundbesitzer ihm die Freiheit, nicht ohne ihm ein Empfehlungsschreiben an seinen Freund Octavius mitzugeben, der als Statthalter von Malta gerade seine Herrschaft über die Insel ausbaute.


    Sinus hatte nicht vor, lange auf Malta zu bleiben, wollte er doch die ganze Welt des Mittelmeerraumes bereisen. Doch Octavius war schlau genug, ihm diese Studienreisen immer wieder zu ermöglichen, und letztendlich von Sinus erworbenem Wissen auch selbst zu profitieren. So vergingen die Jahre und Sinus wäre wohl für immer auf der Insel geblieben, wäre nicht der fähige Octavius vorzeitig nach einem Reitunfall verstorben und durch den ungeliebten neuen Statthalter Pedantus ersetzt worden.


    Pedantus machte sich mit immer neuen Steuern und Einschränkungen die Fischer der Insel zu Feinden und wurde schließlich von ihnen gestürzt und in einem Boot ausgesetzt.


    Sinus hatte unterdessen zwei gewitzte Kobolde, Dig und Dag, kennen gelernt, mit denen er in die Sahara aufbrach, um einen vermeintlichen Meteor zu finden. Doch statt Gestein aus dem All zu finden, wurden die Drei in einer Rakete in den Weltraum entführt, und landeten schließlich auf dem Planeten Neos.


    Für Sinus war diese neue Welt sehr aufregend, die Bewohner des Planeten hatten einen im Vergleich zu Rom weit fortgeschrittenen Stand der Wissenschaft und Technologie erreicht und Sinus wollte nur Eines, lernen.

    Die erste Möglichkeit ergab sich für ihn, indem er sich als Kundschafter des Großneonischen Reiches in die verfeindete Republikanische Union einschleusen ließ. Dort wurden die drei Erdbewohner überschwänglich begrüßt und ihnen sogleich das wichtigste Bauprojekt der Union, ein gigantischer Staudamm, präsentiert. Dig und Dag ahnten dabei nichts von Sinus geheimer Mission.

    Am Staudamm wäre es dann beinahe zum Katastrophenfall mit möglicherweise fatalem Ausgang für Sinus gekommen, als sein Verbindungsoffizier zum Großneonischen Reich, Peer Tyla, den Staudamm sprengen wollte, ohne ihm zuvor eine Warnung zukommen zu lassen.

    ,,Mr. Tangentus, ich warte noch immer!‘‘ Mac Gips schneidige Stimme unterbrach Sinus‘ Erinnerungen.

    ,,Richtig, Sie wollen den Chip mit den Codes.‘‘ Sinus blinzelte mit den Augen, als hätte er zuvor geschlafen, dann gab er sich innerlich einen Ruck: ,,Ich werde Ihnen diesen jetzt geben und dann möchte ich mit Ihnen und Ihresgleichen nichts mehr zu tun haben.‘‘


    Er kramte aus seiner Tasche den kleinen Chip hervor und warf ihn Mac Gips zu, der ihn auffing und innen in der Spitze seines Schlipses versteckte, aber trotzdem weiter die Waffe auf Sinus gerichtet hielt.

    Sinus wusste, dass die Codes auf dem Chip wertlos waren, wenn nicht gleichzeitig sein kleiner Roboterfreund Hektor seine Codes, die nur er besaß, auch herausgab. Hektor war ganz und gar Sinus‘ Geschöpf. Nach dem Abschied von Dig und Dag, den beiden Kobolden, die er auf Malta zum ersten Mal getroffen hatte, vermisste Sinus echte Freunde. Den Draht zum Großneonischen Reich hatte er nach dem Vorfall am Staudamm gekappt und hatte sich im Elektrizitätswerk als Ingenieur verdingt. Seine natürliche Begabung und seine hervorragende Auffassungsgabe hatten ihn sehr schnell Karriere machen lassen und so war er schon bald als Direktor des Elektrizitätswerks für die Energieversorgung der Hauptstadt der Republikanischen Union verantwortlich. Doch der Aufstieg des vermeintlichen Fremdlings wurde von seinen Kollegen argwöhnisch beäugt und so wurde es um Sinus immer einsamer.

    Da auch Dig und Dag nach ohnehin schon spärlichem Kontakt zu einer neuen Weltraummission aufgebrochen waren, entwarf Sinus seinen neuen Roboterfreund.Hektor war mit künstlicher Intelligenz ausgestattet, und stand im Denkvermögen Sinus nicht nach, im Gegenteil. Seine hochentwickelte Rechenleistung ermöglichte ihm das blitzschnelle Kalkulieren von Handlungsoptionen mit anschließender eigenständiger Entscheidungskompetenz.

    Im Moment hielt sich Hektor noch im Hintergrund und betrachtete aufmerksam das Geschehen. Mac Gips hatte ihn gar nicht weiter beachtet.


    ,,Warum haben sie nur die Seiten gewechselt Mr. Tangentus? Sie hätten sehr nützlich für uns sein können und wir hätten uns eines Tages revanchiert und Sie zur Erde zurückgebracht.‘‘ Mac Gips machte ein bedauerndes Gesicht.

    ,,Ja, Eure Art von Revanche habe ich damals bei meinem ersten Staudammbesuch erlebt.‘‘ Sinus Miene verdüsterte sich. Was wollte Mac Gips noch, er hatte die Codes, warum begann er nicht gleich, die Energieversorgung herunterzufahren?

    ,,Wie sollten wir denn damals ahnen, dass Sie gerade in der Situation dort aufkreuzen?‘‘ fragte Mac Gips erstaunt zurück.


    ,,Es ging nicht nur um mich, Eure skrupellosen Methoden hätten zahlreiche Neosier das Leben kosten können. Spionage ist das Eine, aber brutale Anschläge mit zivilen Opfern sind nicht meine Welt.‘‘ Sinus machte eine abwehrende Handbewegung.


    ,,Ihr Erdlinge seid doch wirklich naiv.‘‘ konterte Mac Gips, um sogleich hinzuzufügen: ,,Auch Dig und Dag haben geglaubt, mit Bhur Yham auf das reine Gute zu setzen, sie werden sich auf Ihrer Weltraummission noch wundern.‘‘

    ,,Was ist mit Bhur Yham?‘‘ fragte Sinus aufhorchend.

    ,,Bhur Yham ist ein skrupelloser Karrierist. Er hat die Beförderung Peer Tylas zum Raumschiffkommandanten unterstützt, wohl wissend, dass dieser ein Spion war. Er wollte ihn entlarven, wenn es für ihn zum größtmöglichen Nutzen gereichte und ganz unabhängig von möglichen Kollateralschäden. Das hat er ja dann auch geschafft.‘‘

    ,,Welche Kollateralschäden meinen Sie denn da?‘‘ Sinus war sichtlich verwundert.


    ,,Erinnern Sie sich nicht mehr, dass es Bhur Yham war, der letztendlich befohlen hatte, unserem Raumschiff MY-3 zu Hilfe zu eilen, und damit die Übergabe der Baupläne von RS-X1 und fast sogar die Übernahme des Raumschiffes ermöglichte.‘‘


    ,,Aber was hätte er sich denn davon versprechen sollen?‘‘ Sinus hatte noch erhebliche Zweifel an Mac Gips Ausführungen.


    ,,Je größer der Schaden, den ein Agent anrichtet, ist, umso größer ist das Ansehen Desjenigen, der ihn zur Strecke bringt.‘‘ Mac Gips setzte eine überlegene Miene auf, dann fuhr er fort: ,,Dass Bhur Yham dabei das eigene Raumschiff und seine Besatzung in Gefahr brachte, zeigt, wie blind ihn sein egoistischer Eifer machte. Letztendlich musste er erkennen, dass sein Unternehmen ohne das beherzte Eingreifen von Dig und Dag gescheitert wäre. Zum Dank und weil er sie unter Kontrolle behalten wollte, hat er sie auf seine nächste Weltraummission mitgenommen.‘‘


    ,,Zugegeben, es kam mir damals auch etwas merkwürdig vor, dass Bhur Yham einen falschen Schlüssel zum Tresor an Peer Tyla aushändigte und den richtigen Schlüssel zur Untersuchung ins Labor gab. Er konnte sich doch eigentlich nicht sicher sein, dass Peer Tyla seine Fingerabdrücke darauf nicht entfernt hatte.‘‘ Sinus wiegte den Kopf hin und her, so richtig schlüssig war das für ihn noch nicht.


    ,,Doch‘‘, entgegnete Mac Gips, ,,denn für diesen Fall hatte er vorgesorgt. Bhur Yham hatte Zugriff auf ein Zentralregister und ließ sich schon vor dem Abflug Spezialhandschuhe mit Peer Tylas Fingerabdrücken darauf anfertigen, um ihn bei passender Gelegenheit zu überführen. Als diese Gelegenheit nun gekommen war, musste er nur noch den richtigen Schlüssel mit den Handschuhen berühren für den Fall, dass Peer Tyla seine eigenen Fingerabdrücke entfernt hatte.‘‘


    Sinus überlegte kurz: ,,Ach deshalb hat er den Schlüssel damals in seiner Kabine mit Handschuhen entnommen, und ich dachte, er wollte einfach nur weitere Fingerabdrücke, insbesondere seine eigenen auf dem Schlüssel vermeiden. Aber woher wissen Sie das Alles?‘‘

    ,,Wir haben einen Agenten in der Raumfahrtzentrale der Republikanischen Union, der sich ebenfalls in das Zentralregister einloggen und dort andere Zugriffe erfassen kann. Der Rest ist einfach logische Kombination.‘‘

    ,,Dann haben Sie also Peer Tyla ins offene Messer laufen lassen!‘‘

    ,,Nein, wir hatten einfach Pech mit dem technischen Ausfall unseres eigenen Raumschiffes MY-3 und später auf dem Mars dann mit dem Eingreifen der Digedags. Ansonsten hätten wir RS-X1 übernommen und Bhur Yham ausgeschaltet. Bhur Yham ahnte ja gar nicht, wie weit unsere Pläne gingen. Er war zunächst von simplen Spionage – und Sabotageakten Peer Tylas ausgegangen. Dann auf dem Mars erkannte er die Gelegenheit, den Kommandanten von MY-3 in die Nähe Peer Tylas zu lassen. Er selbst beorderte den Verletztentransport zu RS-X1.‘‘

    ,,Und ging davon aus, dass Peer Tyla ihm geheime Informationen zustecken würde, und was könnte geheimer und wichtiger sein, als die Baupläne.‘‘, ergänzte Sinus.

    ,,Richtig erkannt.‘‘ Mac Gips machte ein Zeichen der Zustimmung.

    ,,Was ist eigentlich aus Peer Tyla geworden?‘‘ Sinus kannte zwar dessen Schicksal, aber er wollte es nochmal bestätigt wissen und er wollte auch noch etwas Zeit gewinnen.

    ,,Nun, nach dem missglückten Rettungsversuch durch meinen Vetter Mac Gips wurde er verhaftet und schmort seitdem hier im Gefängnis. Ich selbst hatte ja auch das Vergnügen, hier einzusitzen, konnte aber glücklicherweise fliehen und nun stehe ich vor Ihnen.‘‘

    Es trat ein kurzes Schweigen ein, in dem Mac Gips das weitere Vorgehen abzuwägen schien. Dann aber straffte sich sein Gesicht und entschlossen verkündete er: ,,Genug der Plauderei! Ich habe, was ich wollte, und Sie sind endgültig verloren, nicht nur für unsere Sache. Sie wissen jetzt Alles, aber das wird Ihnen nichts mehr nützen!‘‘ Damit betätigte er den Abzug seiner Waffe und Sinus brach stöhnend zusammen.

    Im gleichen Augenblick schnellte Hektor nach vorn und drängte Mac Gips mit unglaublicher Kraft in Richtung Fenster. Dort verlor Mac Gips das Gleichgewicht und stürzte über den Fenstersims nach unten. Doch Hektor handelte erneut blitzschnell und bekam den flatternden Schlips des Spiones zu fassen.


    Mac Gips hing nun in der Luft, nur noch gehalten an seiner Krawatte, die ihm die Luft nahm, so dass seine Augen hervortraten. Warum hielt der Roboter ihn noch fest?


    Die Frage sollte sich schnell beantworten, als Hektor eine Schere hervorholte und die Spitze der Krawatte abschnitt. Mac Gips fiel schreiend in die Tiefe, einen Sturz aus dieser Höhe konnte er eigentlich nicht überleben. Aber Hektor interessierte sich nicht weiter für ihn, er entnahm der Krawattenspitze den Chip und eilte dann zu seinem Mentor.


    Sinus Tangentus war bewusstlos, aber er atmete noch und es waren auch keine Blutspuren zu entdecken. Hektor sah das Einschussloch in der Brust und zog darunter ein metallenes Amulett hervor, das die beiden Digedags zeigte, zwischen denen die Kugel aus Mac Gips Waffe steckte.


    Hektor schmunzelte erleichtert. Dann ging er zum Fenster, schaute in den Himmel und sendete einen Gruß der Dankbarkeit in die Weiten des Alls.

    Unwillkürlich blickte er dann nach unten, konnte dort aber keine Spur mehr von Mac Gips entdecken.

    ,,Kümmere Dich nicht weiter um ihn.‘‘ Sinus war wieder bei Bewusstsein und hatte die Situation schnell erfasst. ,,Falls er noch lebt, wird er eines Tages wieder auftauchen, aber dann bin ich besser vorbereitet als heute.‘‘ Sinus hob die Waffe von Mac Gips auf und trat ebenfalls ans Fenster.

    ,,Wollen wir hoffen, dass Dig und Dag den wahren Charakter Bhur Yhams erkennen und sich rechtzeitig von ihm absetzen können.‘‘ Sinus machte ein sorgenvolles Gesicht und fügte dann seufzend hinzu: ,,Ob ich sie wohl jemals wieder sehe?‘‘


    Hektor schüttelte langsam den Kopf.

    ,,Ja, wahrscheinlich hast Du Recht.‘‘ Sinus nahm Hektor das Amulett wieder ab und hielt es nun fest in seinen Händen.

    ,,Aber Bhur Yham wird zurückkehren und dann wird er sich verantworten müssen. Hast Du die Aussagen von Mac Gips aufgenommen?‘‘


    Diesmal nickte Hektor und Sinus legte anerkennend den Arm um seinen Roboterfreund. Der nächste Tag der Abrechnung konnte kommen.
    Geändert von komnenos (04.08.2022 um 05:57 Uhr)

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