@pteroman:
Hegens Persönlichkeitsstruktur hat sicher wesentlich zum Überleben des Mosaik in der Form, in der wir sie kennen, beigetragen. Aber kulturpolitisch gab es nicht die eine DDR, sondern es war immer wieder ein Wechselspiel zwischen Tauwetter und idelogischem Beton.
In den Tauwetter-Zeiten hat die DDR aber Dinge ermöglicht. Sie hat einem jungen Karikaturisten (einer von Vielen beim Eulenspiegel) die Gestaltung einer Comic-Zeitschrift ermöglicht. Sie hat ihm dazu eine Villa überlassen, die er abbezahlen konnte und dafür noch einen kräftigen Vorschuss auf die ersten Hefte ausgeteilt. Es wurde ein Vertrag unterzeichnet, der eine schier unfassbare Summe Geldes in Hegens Taschen fließen ließ, ohne dass der bis dato etwas geleistet oder auch nur sich einen großartigen Namen gemacht hatte.
Hegen konnte sich ein ganzes Team (ca. 10-12 Männer und Frauen) zusammen stellen, um ein einziges Comicheft von 24 Seiten pro Monat zu produzieren.
Mal zum Vergleich: Helmut Nickel arbeitete in den 50-iger Jahren für den Gerstmayer-Verlag und lebte in Berlin-Friedenau. Er musste pro Heft 16-20 Seiten abliefern. Dazu hatte er zwei Wochen Zeit, manchmal nur eine Woche. Er bekam 400 DM und musste sich da noch mit der Reinzeichnerin der Texte reinteilen. Und der Mann hat nebenbei studiert und promoviert!
So ein künstlerisches Schlaraffenland mit eigenem Atelier, einem Riesen-Honorar und einer Mannschaft, die der Verlag zur Verfügung stellte, das hat die DDR ermöglicht und der Output war unter Produktivitätsgesichtspunkten gering.
Dazu konnte aber ein Preis von 60Pf aufrecht erhalten war, das war in den 50-igern im Vergleich zu den westlichen Heften nicht billig, zumal im Westen eine Zweitverwertung im Piccoloformat nicht selten war. Konkurrenzlos zu sein, war für Hegen schon ein Segen, und hat auch zum wirtschaftlichen Erfolg seines Produktes beigetragen. Weitere Comicproduktionen hätten bei der Papierknappheit die Auflage gesenkt und damit den Gewinn des Meisters beschnitten. Ob die DDR aus Papiermangel weitere Comicproduktionen unterbunden hat oder sie der Meinung war, dass das Mosaik in der Form ausreicht, sei mal dahin gestellt. In der DDR gab es ja verschiedentlich nur wenige Produkte, siehe die Automobilbranche.
Generell wurden die Comic-Künstler im Vergleich zur werktätigen Bevölkerung in den Betrieben zum Teil fürstlich belohnt. Jürgen Kieser hat für seine 3-Seiten-Story Fix und Fax 1961 sagenhafte 700 Mark kassiert. Wieviel hat er dafür arbeiten müssen, 2-3 Tage! Ein Schlaraffenland!
Hegen bekam die vom Zoll beschlagnahmten Comics aus dem Westen für sein Archiv. Ein Künstler im Westen konnte sich das selbst kaufen.
Darüber hinaus musste Hegen bei der Ausbeutung seiner Quellen auch keine Plagiatsprozesse fürchten, er hatte da völlige Freiheit.
Kurzum, die einseitige Sicht auf die DDR als Verhinderungsmaschine teile ich nicht. Es hab die Betonzeiten, wo es einen eisernen Willen brauchte, um dagegen anzustehen, aber Hegen und das Mosaik haben auch gewaltig von den Bedingungen profitiert.
Was ist denn aus dem Starzeichner Dimitriades nach seiner Flucht in den Westen geworden und warum ist Hegen nach dem Aus seines Mosaiks nicht ausgereist? Weil er immer noch im finanziellen Schlaraffenland lebte und allein auch nichts Weltbewegendes mehr auf die Beine gestellt bekam. Alle seine weiteren Arbeiten wurden ja nicht nur in der DDR nicht mehr publiziert, es hat sich auch nach der Wende Niemand mehr dafür interessiert. Von den Sammelbandverkäufen konnte er aber immer noch gut leben und hatte alle Freiheten zu zeichnen, was ihm beliebt und natürlich ob des Teamverrats zu schmollen.
Ich bewundere Hegen wirklich als Macher des Mosaik, aber er hat es nicht trotz der DDR geschafft, sondern in diesem Staat und seinen Möglichkeiten. Auch die Einmischung von Seiten der Verlagsverantwortlichen hatte bezüglich Bildungsvermittlung (Erfinderserie) nicht nur Schattenseiten.