Indizierter Splitternackt Titel im August 2024

[Exphilosoph]

Danke. Das ist irgendwie ein ganz neues Lebensgefühl. So frei. Unbeschwert. Irgendwie... juicy.

[Robelix]

Ja, die Suchfunktion ergibt nach der Freischaltung ein ganz neues Erlebnis

Frage in die Runde: sind alle bei Splitter erschienene und noch erscheinende Crepaxe gleichermaßen empfehlenswert?
Ich bin mir noch unsicher, ob ich auch bei z.b. Dracula oder Dr. Jekyll einsteigen soll...

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[Exphilosoph]

Hast du denn die bei Avant schon? Ich habe mir Dracula und Jekyll erspart, weil ich davon schon so viele verschiedene Versionen habe.

[Robelix]

Ich habe von Crepax bisher noch gar nichts...
Emmanuelle wird mein erster sein. Deshalb hatte ich nachgefragt.

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[Exphilosoph]

Dann lies den erstmal. Das ist ein sehr eigenes Leseerlebnis und dann musst du entscheiden, wieviel du davon eigentlich brauchst. Ich hole mir noch Emmanuelle und Geschichte der O, aber dann reicht's mir auch erstmal. Bei Avant kommt leider nichts mehr.

[kormoran]

Ich fand Jekyll und Dracula jetzt nicht so überzeugend. Es ist schon genial, was Crepax sich herausnimmt, wie er auf geradliniges Storytelling pfeift und stattdessen auf graphische Einfälle ausweicht. Erinnert mich in dieser Hinsicht an Moebius. Aber bei diesen Klassikerbearbeitungen wird das dann doch manchmal etwas mühsam, während die Bianca zum Beispiel ein federleichter Flug durch psychedelische Erotik ist. Künstlerisch ist alles von Crepax höchst wertvoll.

[Robelix]

Ich werde mal mit "Emmanuelle" und "O" einsteigen und schauen, wo es mich sonst noch hintreibt...

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[CHOUETTE]

Der Emmanuelle-Band von Crepax war für diese Woche bei PPM angekündigt. Hat den schon jemand? Ist der tatsächlich erschienen? Und ohne Kürzungen, Zensuren etc? Indiziert oder nicht.

Hab ihn direkt auf der SPLITTER-Seite bestellt und schon seit letzter Woche zu Hause. Über Kürzungen kann ich nix sagen, ich kenne keine andere Ausgabe. Zensiert ist er aber ganz sicher nicht. Und indiziert scheint er auch nicht zu sein, er kam ganz normal mit der Post. Ich brauchte keinen Altersnachweis (den ich aber nun auch wirklich nicht mehr nötig habe).

Ob's was für mich ist ...
Jovis hat's vermutlich schön ausgedrückt:

Dann lies den erstmal. Das ist ein sehr eigenes Leseerlebnis und dann musst du entscheiden, wieviel du davon eigentlich brauchst.

[Exphilosoph]

Habe jetzt O und Emmanuelle beide bestellt. Bin gespannt, zumal die Originalromane beide sehr geradlinig erzählte Geschichten sind, während Crepax ein sehr abschweifender Typ ist. Allerdings gibt es bei der Geschichte der O diesen genialen Anfang, wo sie den Beginn ihrer Geschichte nacheinander in zwei deutlich verschiedenen Fassungen erzählt, was traditionell so interpretiert wird, dass die ganze Erzählung eine Masturbationsphantasie der Autorin ist, die sie gemäß spontaner Launen abwandelt, um besser in Stimmung zu kommen. Das könnte Crepax natürlich auf die Spitze treiben und diesen Kniff durch die ganze Geschichte hinweg variieren. Das würde mir sogar ziemlich gut gefallen.

[Exphilosoph]

Wenn denn sonst keiner will...

Ich habe Emmanuelle gerade erhalten, schon mal einen intensiveren Blick hinein getan und denke, das war eine lohnenswerte Anschaffung. Mit 8 habe ich die Romane aus dem Regal meiner älteren Schwester gefischt und gelesen (schon ein erotischer Traum für sich) und SEHR viel später habe ich die Filme wiederholt gesehen und die Bücher alle nochmal gelesen. Und so sehe ich, dass Crepax einen ganz anderen Weg beschritten hat, die Geschichte zu erzählen und das gefällt mir rein visuell nicht nur außergewöhnlich gut, sondern rechtfertigt den Kauf gleich nochmal. Denn ich stehe im Grunde und grundsätzlich nicht auf Adaptionen und noch nicht mal unbedingt auf Sekundarliteratur. Ich lese lieber das Primärwerk und bewahre meinen Freigeist, bevor ich am Ende auch noch mit den Wölfen heule. Letzteres tut auch Emmanuelle in Crepax' Comicfassung nicht, doch sie reitet den Hengst, nein, ein Einhorn in ihrer Vorstellung, noch bevor sie in der klassischen Anfangsszene im Flugzeug ihrer Begegnung mit einem Mitreisenden entgegen sieht. Und das scheint mir der markanteste Unterschied zu allen anderen Versionen dieses Erotik-Klassikers zu sein. Crepax reizt die Bildsprache bis zum Anschlag aus, um Erotik zu visualisieren. Und so wie ich das sehe, geschieht das in deutlich krasserer Inspiriertheit, als es in Valentina zu sehen war. Da wo die Handlung nicht allzu viel hergibt, wo sie im Film aus nie wieder ähnlich gelungen gefilmten erotischen Begegnungen besteht (Mein Lieblingsteil ist Teil 2, der ebenfalls in diesem Band in der Crepax-Fassung enthalten ist.), da weigert sich Crepax das Erfolgsrezept des Films zu wiederholen und setzt ganz auf Visualisierung des Ungesagten, der Ebene der erotischen Assoziation. Und das sieht schon allein beim Durchblättern hochgradig genial aus. Könnte mein Lieblings-Crepax werden. Aber man soll die Arsan nicht vor der O loben.

[Exphilosoph]

Ich habe heute Die Geschichte der O gelesen. Die Zusatzgeschichte lese ich morgen. Als Buch mal wieder ein echter Splitterbrocken, ganz toll, und zeichnerisch eben auch, aber inhaltlich kann man mit dieser Adaption des Romans keinesfalls zufrieden sein. Crepax hat hier fast ausschließlich auf Visualität gesetzt und die Philosophie des Buches so außen vor gelassen oder sogar auch fehlinterpretiert, dass sehr viele Aussagen von Personen ohne den nötigen Zusammenhang falsch verstanden werden und das ganze Werk zu etwas völlig Neuem und leider auch Üblem wird. Das Resultat ist nämlich dann leider nur ein Zurschaustellen von männlichem Chauvinismus. Das ist nicht nur schade, sondern auch ärgerlich. Wenn allein durch die Umsetzung des doppelten Anfangs des Romans, üblicherweise interpretiert als Korrektur eines Masturbationsvorgangs (was theoretisch das gesamte Buch zu einem solchen macht!), die Weiblichkeit der erzählenden Figur deutlicher in den Fokus gekommen wäre, dann wäre auch klarer, dass es hier nicht darum geht, was Männer mit Frauen machen wollen. Oder sollen. (Denn dass die Erzählerin eben die O ist, das ist zum Glück schon klar geworden. Nur leider macht es hier keinen Sinn.) Sondern geht es eben darum, dass es Wege gibt, die Nähe von Liebe und Verzweiflung umzusetzen. Das macht nämlich das Buch zu einem der markantesten Beispiele für Literatur, die das spezifische kulturelle Wesen des späten 20. Jahrhunderts zu beschreiben vermag. Die Nouvelle Vague des Sex und der Liebe in der durch Ringe symbolisierten Bindung.

Warum Crepax, der mir durchaus als Intellektueller vorkommt, bei O den Kern verfehlt, kann ich mir erneut nur damit erklären, dass er diese Auftragsarbeit genauso wenig geschätzt hat, wie die Arbeit an Emmanuelle. Und das finde ich angesichts des sehr ordentlichen Umfangs beider Adaptionen, des markanten Platzes, den die Bände im Regal einnehmen und des mehr als ordentlichen Preises doch SEHR schade.

Um es nochmal klar zu machen: die Geschichte der O steht für mich in ihrer Bedeutung für das 20. Jahrhundert auf einem Regalbrett mit Sartres "Zeit der Reife" und auch - lacht nicht - des "Kleinen Prinzen" (Stichwort Zähmung!) und in Rivalität zu Henry Miller, für den Liebe ein Akt der ungezügelten Freiheit ist. Ein solches Buch so style over matter mal eben in ein Sex-Comic umzusetzen, finde ich unanständig. Ich werde beim nächsten Lesen der Valentina-Bücher noch mal genauer hingucken, was ich von Crepax zu halten habe. Die fand ich aber eigentlich ziemlich gut. Da war der Sex aber auch nicht das inhaltliche Thema. Das scheint ja faszinierenderweise gar nicht sein Ding zu sein.

Nachschlag: Die "Zusatzgeschichte" - da habe ich mich beim Blättern wohl nicht gut orientiert - ist ein 5-seitiges Zwischenspiel mit Valentina, sehr nett, amüsant, unterhaltsam. Sehr selbstreferentiell, Crepax über Crepax und vielleicht das Beste am ganzen Buch.

Danach folgt aber noch "Geschichte der O 2" von 1985. Und die ist meiner Ansicht nach die Comicfassung des Films "Die Geschichte der O Teil 2" von 1984, der mit der Fortsetzung des Buches, "Rückkehr nach Roissy", gar nichts zu tun hat und dessen Anschluss an den Ur-Roman inhaltlich ebenfalls als gewagt bezeichnet werden kann. Das ist aber im Fall des Comics von Crepax ganz gut so. Ich behaupte nämlich, dass "Rückkehr nach Roissy" nicht von derselben Autorin ist wie der Ur-Roman. Und ich finde diese Novelle ganz furchtbar. Das, was Crepax uns als Teil 2 anbietet, ist hingegen ganz unterhaltsam, amüsant und verspielt. Und gefällt mir deutlich besser als seine Adaption des Hauptwerks. Ist aber aber eben auch eine völlig andere Thematik. Worauf man übrigens im Vorwort nicht vorbereitet wird. Welches ich eh nochmal lesen muss, weil ich da im Nachhinein noch über andere Stellen stolpere.

[CHOUETTE]

Vielen Dank für deine faszinierenden Rezis! Leider fehlt mir aufgrund der (noch) nicht erfolgten Lektüre des Romans das Grundwissen, um mitdiskutieren zu können. Ich gebe aber offen zu, dass ich aufgrund von Vorurteilen bzw. nie erfolgter Beschäftigung mit dem Werk gar nicht auf die Idee gekommen wäre, das zu lesen. Ich kenne nur Kleists "Die Marquise von O...." und hielt das früher, ebenfalls aufgrund akuter Unkenntnis, sogar für die Originalgeschichte zu den Schmuddelfilmchen.
Dass in Desclos' Roman so viel drinsteckt, hab ich nicht ansatzweise vermutet. Von daher nochmals Danke für die Aufklärung. Wandert nun auf die "irgendwann mal lesen!"-Liste.

[Exphilosoph]

Man muss dazu sagen, dass auch ich nicht weiß, wie tief die Autorin bereits selbst in BDSM-Tradition bewandert war. Das Buch hat die Szene belebt, aber war im Grunde auch nicht ihr Anfang. Vielleicht ist es tatsächlich möglich, das Buch so zu lesen wie Crepax es adaptiert hat? Ich selbst lese das Buch sogar eher noch unabhängig vom BDSM Bezug als verzweifelte Liebesgeschichte, in der die radikalste Form der Zugehörigkeit, die ultimative Unterwerfung, der Versuch ist, die Liebe für immer zu erhalten, obwohl sie schon verloren ist.

Der sogenannte "Ring der O" ist dabei fast eine Karikatur und Verächtlichmachung des Eherings. Ein Roman in einem Jahrhundert, wo alle gefügten Traditionen, alle Rituale der Liebe (Ehe, Sex) in Frage gestellt und neu sortiert werden. Das hat ja bekanntlich zu neuen Freiheitsgefühlen geführt (siehe wieder Henry Miller, aber auch Emmanuelle und die ganze Stuidentenbewegungszeit), aber zugleich auch zu neuen Unsicherheiten (Anais Nin, die O uvm.).

Vielen Dank für die Rückmeldung. <3

[Exphilosoph]

Ich habe jetzt gelesen, dass zur Veröffentlichung der Geschichte der O "leichte textuelle Änderungen" vorgenommen wurden, um die Zensurbehörde zufriedenzustellen. Soll heißen, damit die zu veröffentlichende Fassung in ausreichender Weise nicht inhaltsgleich mit der indizierten Fassung sei. Kann man dazu Details bekommen?

[Grisu]

Einzelheiten dazu würden mich auch interessieren. Vielleicht gibt es dazu ja ein paar Infos.