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Thema: Die Krähe und der Totenspieler

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    Junior Mitglied Avatar von PhilipYamamoto
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    Die Krähe und der Totenspieler

    Hallo ihr Lieben,

    ich möchte euch meine Dark Fantasy Light Novel "Die Krähe und der Totenspieler" vorstellen. Ich hoffe es ist okay für euch, wenn ich statt langem drum herum einfach Kapitel 1 hier teile:




    „Die Haut wird hell, der Geist dunkel. Zeiger wandern weiter, warten nicht. Wartest du?"


    Stille, absolute Stille beherrschte diesen Raum. Kein Ton würde hier herausfinden. Kein Lachen, kein Klagen, nicht der markerschütterndste Schrei könnte diesen Raum verlassen. Und doch war hier etwas: Die Wände schienen zu atmen. Im Dunklen lagen sie: drei leblose Körper. Drei Amigos, denen selbst die Kälte keine Reaktionen mehr hervorlockte. Gebettet auf Stahltischen, schien es ihnen fast bequem zu sein. Die Augen verflixt und zugenäht. Die Lippen blau und stillschweigend, der Abschiedskuss bereits Vergangenheit.

    Eine schwere Tür öffnete sich langsam und ließ einen Lichtstrahl hinein. Das schwache Licht machte die Ruhenden noch blasser. Als seien sie gerade erst in ihren tiefen Schlaf herabgeschneit. Durch die leicht geöffnete Tür schauten zwei müde Augen. Langsam folgte ihnen ein fahles Gesicht, das eine ungesunde Schönheit umgab. Eine junge Frau beugte sich durch die Stahltür. Den Kopf leicht ausgestreckt, hing ihr brauner Zopf runter wie ein Uhrpendel. Nach einem gehauchten Seufzer erhob sie mit müder Stimme das Wort: „Neijo ..., mir ist kalt." Ein kurzer, schüchterner Blick zu Boden. Sie fuhr fort: „Komm ins Bett". Mit einem Ruck öffnete einer der Ruhenden urplötzlich die Augen. Weit aufgerissen, als wäre Starkstrom in sie gefahren, starrten seine scheintoten Augen ins Leere. Die erst riesigen Pupillen schrumpften schnell zu kleinen Punkten, die darauf hektisch die Umgebung absuchten. Linke Ecke, rechte Ecke, wie getrieben wanderte der Blick durch den Raum. Erst bei Avada kam er zur Ruhe.
    Avada hieß sie: Die Schönheit mit den schlafenden Augen, die ganz im Kontrast zu den ruhelos suchenden Augen des gerade Erwachten standen. Unter ihrem linken Auge zog sich ein dünner tätowierter Strich nach unten. Avada war zierlich gebaut und strahlte trotz ihres kühlen Äußeren eine behagliche Wärme aus. Sie trug stets ein dunkles Kleid mit weißen Rüschen. Ihr gegenüber: Neijo. Kalt, innen wie außen, keine Wärme, die seine schneeblasse Haut schmelzen könnte. Zumindest nicht ersichtlich.

    Kommentarlos erhob sich Neijo, um müden Schrittes auf Avada zuzugehen. Erst wirkte er völlig kraftlos, Schultern und Kopf hingen auf Brustkorbhöhe. Doch mit jedem Schritt fuhr die Kraft in seine schlanken Glieder zurück. Bei Avada angekommen, stoppte er ruckartig und schaute zur ihr herab. Er überragte sie um ein gutes Stück. Sanft legte er seine Hand unter ihr Kinn, lächelte und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. Ihr Kopf sank sogleich auf seinen Brustkorb. Hätte sie Make-up getragen, wäre es wohl in diesem Moment in seinem weißen Hemd gelandet. Langsam fuhr er ihr durchs dichte Haar. Optisch waren sie sich doch so ähnlich. Neijo, die hagere lange Gestalt, ohne Farbe im Gesicht. Avada, von der man sicher sagen konnte, dass Gartenarbeit und Sonnenbaden nicht zu ihren Lieblingsbeschäftigungen zählten. Auch ihre Augenringe waren gleicher Machart: Ring auf Ring auf Ring. Ja, so ähnlich sie sich doch sahen, so unterschiedlich war, was sie ausstrahlten. Neijo schien, ganz anders als Avada, seine Kälte sogar auszuatmen. Ohne Gegenwehr ließ er sich von Avada am Handgelenk aus dem Raum führen.

    – Wenige Stunden später –

    Der Mond stand am Zenit, das Himmelszelt schien nur für ihn gespannt worden zu sein. Unter ihm die Stadt. Gierig schluckte sie das etwas Licht, das von oben kam, ohne selbst ein bisschen heller zu werden. Wenn Straßen so etwas wie Lebensadern waren, fehlte diesen das Blut. Ironisch eigentlich, denn hier wurde mehr als genug Blut vergossen. Einige Laternen funktionierten noch und gaben hin und wieder Schatten Preis, die schnell weiterzogen. Außer Motten wollte sich niemand recht lang in ihrem Licht aufhalten. Manche hatten etwas zu verstecken, andere wollten nicht zur Beute werden und ganz Hungrige nicht von ihrer Beute entdeckt werden. Alles in allem eine ganz normale Nacht in Nekrophilia: dunkel, kalt und totenstill ...
    Mit einem lauten Knall durchbrach ein rasendes Gefährt Stille wie auch Dunkelheit. Seine Scheinwerfer, die wie brennende Augen wirkten, duldeten keine Heimlichkeiten. Gefolgt von dröhnendem Motorenlärm hetzten die Augen durch die Straßen. Das Gefährt schien sich wenig um die Nacht zu scheren. Es hatte ein Tempo drauf, das wohl kaum jemand so einer alten Luxuskarosse zugetraut hätte. Wer auch immer hier am Steuer saß, er fürchtete nicht, was auf den Straßen lauerte. Zielsicher steuerte das Gefährt das einzig gut erhaltene Fachwerkhaus der Straße an und hielt abrupt. „BBBRRRZZZZZZZZ", schrien die Bremsen schrill auf. Die Reifen hinterließen gut sichtbar ein Autogramm auf dem Straßenbelag. Gleich darauf öffnete sich die Fahrertür und eine breite Gestalt stieg aus. Ohne zu zögern, ging sie zur Hintertür, öffnete diese und griff ruckartig in den Wagen. Sie zog sogleich einen Körper hinaus und platzierte ihn sanft am Wegesrand. Kurz schien sie noch die Haare zu richten. Anschließend ließ sich der Schatten nicht lang bitten, eilte zur Fahrertür, stieg ein, hupte kurz und düste davon.
    Im Fachwerkhaus dahinter ging kurz darauf das Licht an. Eine hagere Gestalt kam mit Taschenlampe bewaffnet aus der Tür, es war Neijo. Es dauert nicht lang, bis er das Objekt des Interesses entdeckt hatte. Im Kegel des Scheinwerfers stellte sich der Körper als wunderschöne Frau heraus, leblos, wie es kaum anders zu erwarten war.

    Neijo stöhnte kurz genervt und rief rein ins Haus: „Aufwachen, Rico, es gibt Arbeit." Darauf ging er in die Hocke und wartete. Eine Minute verging, zwei, drei ... nun hatte er genug. Er schnellte hoch und brüllte merkbar gereizt Richtung Haus: „JETZT BEEIL DICH VERDAMMT, wir haben Arbeit!"
    Aus der Tür kam darauf ein Schatten gehuscht, der sich gleich zu Neijo gesellte. Ricodon hieß er, 8 Jahre war er, und Totenspieler wollte er werden: „Zu Befehl, Chef", entgegnete der fleißige Lehrling. Seine hellblonden Haare waren wild zersaust, ansonsten merkte man ihm aber kaum an, dass er gerade aus dem Bett gescheucht worden war.

    Neijo ging wieder in die Hocke, dieses Mal, um die schöne Leiche genauer zu begutachten: „Wieder so ein *********, das Kosten sparen will ..." Ricodon nickte erstaunt, während er ihm über die Schulter schaute. Kurzem Schweigen folgte ein Wechsel fragender Blicke zwischen den beiden. Neijo wandte sich wieder der immerschlafenden Schönheit zu. Er fuhr ihr durch die langen blonden Haare und murmelte: „Hmmm, was für eine Schande, ich hätte ihr ein schöneres Nachleben gewünscht. Aber wer bezahlt den Spaß dann?"
    Darauf erklang Avadas Stimme aus dem Haus. Recht nüchtern, typisch einer Geschäftsfrau, rief sie: „Alles gut, die haben im Voraus bezahlt." Neijo rief zurück: „Und warum hast du mir nicht gesagt, dass es heute Nacht noch Arbeit geben würde?" Avada erwiderte: „Du hast im Keller geruht, danach hat es sich nicht ergeben." Damit gab sich Neijo zufrieden.
    Er kratzte sich kurz an der Stirn und warf Ricodon einen Blick zu. Der konnte auch nur mit der Schulter zucken. Neijo murmelte: „Im Voraus? Dieses reiche Volk wird auch immer komischer."

    „Nun ja, so sei es", dachte er sich. Alles andere, als die Absurdität so hinzunehmen, wäre eh Zeitverschwendung. „Geschäft ist Geschäft, wer bezahlt, wird beliefert", dachte er, stand auf und gab Ricodon gleich das Kommando: „Okay, hol mir die Bahre, Ricodon."
    Ricodon rannte kurz rein. Neijos Blicke wechselten: zwischen ungeduldig auf die Haustür und skeptisch auf die Schönheit. Er hatte so einiges gesehen, aber diese Situation war auch nicht alltäglich. Normalerweise stellten sich die Familien bei ihnen vor. Nicht selten winkte er ab, weil er sich seine Qualitätsarbeit zu gut bezahlen ließ. Hin und wieder gab es dann eben doch noch wohlhabende Kunden in dieser niedergewirtschafteten Stadt. Wer es sich leisten konnte, ließ sich bei Neijo sein Nachleben veredeln. Sofern dem kein Glauben im Weg stand.
    Ricodon kam mit einer Bahre auf quietschenden Holzrädern raus. Neijo dachte sich: „Ich sollte mir vielleicht mal eine neue Bahre anschaffen, die hat Opa schon so benutzt." Daraufhin griff er die Schönheit unter den Armen und forderte Ricodon auf: „Hilf mir mal mit den Beinen."
    Sie hoben die Leiche vorsichtig auf die Bahre. Dann nahm Neijo beide Griffe und rollte die Bahre ins Haus. Ricodon lief fröhlich nebenher. Gleich durfte er wieder assistieren, darauf war er immer besonders stolz. Angekommen in der Puppenstube – so nannte Neijo sein Labor – hoben sie die Schönheit auf einen Obduktionstisch aus glänzendem Stahl.

    Neijo vergeudete keine Zeit und stellte gleich die gleißend helle Operationsleuchte Richtung Obduktionstisch. Die Schönheit schien ein weiteres Mal zu verblassen. Gleich darauf machte sich Neijo an ihr zu schaffen. Über dem rechten Auge trug er ein Monokel mit mehreren Gläsern, die er vorschieben konnte bei Bedarf.
    Ohne sich von der Arbeit abzuwenden, rief er Ricodon nach wenigen Minuten zu: „Reich mir das Etholmyrelat."
    Ricodon sprang gleich auf und brachte ein Laborglas. Neijo streckte die Hand aus, ohne Rico eines Blickes zu würdigen, und nahm es entgegen. Darauf zog er mit einer Spritze die Chemikalie aus dem Behältnis und rammte die lange Nadel in das Gesicht der Toten. Ihr ganzer Körper begann zu dampfen und die Farbe schien in ihr Gesicht zurückzukehren.

    Ricodon beschäftigte sich derweilen anders. Mit einem Jojo machte er es sich auf einer Bananenholzkiste bequem und übte neue Tricks ein. Er wusste, dass sein Einsatz jetzt nicht mehr gefragt war. Die Schönheit war ein leichter Fall, da ihr Tod höchstens wenige Stunden her war. Neijo hatte da schon ganz andere Fälle gerettet. Alles, was jetzt kam, war reine Routine, etwa eine weitere halbe Stunde dokterte er an der Schönheit herum.
    Mit einer Begeisterung, die man ihm kaum zugetraut hätte, wandte er sich plötzlich Ricodon zu. Der zuckte kurz vor Schreck zusammen. Wahrlich, selbst Rico war solche Begeisterung von seinem Meister nicht gewohnt. Neijo rief mit erwartungsvollem Blick: „Fertig! Schau sie dir an!" Ricodon nickte kurz und gab die gewünschte Bestätigung: „Gute Arbeit, Chef." Neijo hatte scheinbar noch nicht genug: „Sie ist wunderschön geworden, oder?" Ricodon bestätigte abermals: „Ja, Chef."
    Im Hintergrund war Avada mit einem eifersüchtigen Blick hinzugekommen. Skeptisch beäugte sie Neijo und seine Arbeit. So professionell sie auch war, es schien, als hätte sie sich etwas weniger Begeisterung von Neijo gewünscht. Neijo bemerkte ihre Blicke gar nicht. Seine Aufmerksamkeit galt nur der präparierten Leiche, mit höllisch strahlenden Augen himmelte er sie an. Er forderte Rico ein weiteres Mal an: „Hol mir die Kamera."
    Ricodon holte eine Sofortbildkamera, die Neijo sogleich nahm, um damit ein Bild zu schießen. Er schaute das Bild kurz an, gab ihm einen Kuss und ging zu einer Pinnwand, voll mit Bildern von präparierten Leichen. Zufrieden heftete er das Bild an die völlig überfüllte Wand. Sanft strich er mit einem Finger über das Bild und flüsterte: „Unsere Zeit zusammen ist vergänglich, aber so bleibt ein Teil deiner ewig mein."
    Avada unterbrach ihn: „So lange, bis deine Zeit gekommen ist." Neijo lächelte ihr zu und griff sie von hinten. Arm in Arm standen sie nun vor der riesigen Pinnwand. Neijo flüsterte Avada sanft zu: „Ich liebe dich." Avada erwiderte: „Du liebst nur den Tod." Neijo: „Der Tod ist Schweigen ... Ich liebe die Stille ... Du bist das Wort ... Das Wort, das zart genug ist, die Stille nicht zu durchbrechen. In deine Hände kann ich meine Stille betten ... und Ruhe finden ..." Avada erwiderte: „Das Wort widerspricht der Stille. Und sei es noch so leise." Neijo schüttelte kurz lächelnd den Kopf und beendete die aufkommende Diskussion mit einem Kuss auf die Stirn.
    Ricodon, der das ganze Treiben skeptisch beobachtete, verdrehte nur kurz die Augen und verließ Jojo spielend den Raum: „Erwachsene!"

    – Und die Mühle dreht sich –


    Wer weiterlesen mag, findet die restlichen Kapitel hier:

    https://www.wattpad.com/user/PhilipWollschlaeger

    Jeden Mittwoch gibt es ein Update.


    Geändert von PhilipYamamoto (20.04.2021 um 15:15 Uhr)

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