Am Anfang der Geschichte (Also
Kapitel 1) war ich noch nicht ganz abgeholt - ich bin kein großer Fan von in medias res-Anfängen, auch wenn die Küche als wichtigster Ort im Buch natürlich früh eingeführt werden kann. Sehr viel spannender fand ich da schon die Szene danach mit Michael - und damit das zentrale Thema von zerbrechenden Partnerschaften. Was ich da gleich loben muss, ist die unterschiedliche Art der Beziehungen, die wir hier haben, sowie dass sie sich in unterschiedlichen Stadien des Zerfalls befinden und auf unterschiedliche Weise auseinanderbrechen.
Sexy Tomatenglibber: Schreiben aus zwei Perspektiven finde ich immer gut - da werden zwei Sichtweisen auf ein Ereignis deutlich und wenn zwei Charaktere unterschiedliche Meinungen zu einem Thema haben, kann das auch viel differenzierter betrachtet werden. (Wie z.B. Treue vs offene Beziehungen hier) Flo bringt seine meist spielerisch oder sarkastisch ein, während David sardonisch und bissig rüberkommt - und meiner Interpretation nach mit weniger
authorial backing) Während ich David im Laufe des Buches durchaus mochte, war das bei Flo gleich der Fall - seine klaren Menungen und dass er auf ältere Typen steht - da fühl' ich mit ihm!

Beispiel:"Dieses klischeehafte
Ich-vögle-so-viele-ich-kann-weil-ich-mit-dreißig-tot-bin-Schwulen-Gen scheint bei mir irgendwie zu fehlen" Ein bisschen Hochnäsigkeit schwingt da auch mit (Nach Art "Mein Beziehungsstil ist besser als deiner"), aber einmal wächst er charakterlich im Laufe des Bandes in der Hinsicht und andererseits driftet er nichts ins Generalisierende ab mit dem Zusatz 'klsicheehaft'.
Auch positiv hier: Der Roman bringt mir neue Wörter bei (Parvenü) und meinen Sinn für Humor trifft er auch ("Aber zu seinen Portionen passt [der Nachname 'Klein'] " + die Situationskomik etwa im Armaniladen)
Auch das Kriseln in Flos und Dirks Beziehung wird hier schon klar, obohl das bei den beiden sehr viel subtiler zugeht. Meine Befürchtung, dass das auf eine Affäre hinausläuft, hat sich dann ja leider später bewahrheitet.

Auch wenn in
Vier Jahre durchaus klar wird, wie sehr sich ihre Rhythmen unterscheiden - das Streitgespräch fand ich auch gut.
In
Sashimi-Despot hat mir gefallen, dass David nicht als der ganz typische bad boy mit einer schweren Vergangenheit dargestellt wird. (Okay, alleine dass er selber erzählen darf, untergräbt das schon ziemlich.
Aber auch seine reine Freude am Kochen zeigt: Ja, er hat tatsächlich positive Charaktereigenschaften, bevor er mit der Kraft der Liebe gerettet wird.
Mann im Kühlschrank war in einer Hinsicht allerdings komisch - David bittet Michael, auf der Couch zu schlafen, damit Stella ins Bett kann, aber die beiden haben ein 2er-Deck, das wird in der Geschcihte deutlich. Stella sollte da durchaus noch reinpassen - ich hab' mich mit 5 auch immer in die Mitte des Ehebetts meiner Eltern gelegt, wenn ich nicht schlafen konnte. Narrativ soll damit der Spalt zwischen David und Michael geweitet werden, aber es erschien mir etwas unlogisch, dass David Michael gleich auf die Couch wirft - zu dem Zeitpunkt war er ihm zumindest als Sexpartner noch nicht so egal.
In
Yoga und Kühlschränke findet man dagegen Inspiration zum Flirten: "Hey, komm doch zu mir, ich hab' einen laufenden Kühlschrank, der darauf wartet, von dir befüllt zu werden, hoho~. Der Angesprochene fragt sich dann: Ist das eine furchtbare sexuelle Metapher oder meint der das ernst?
Flos Reaktion gegenüber David sind jedenfalls sehr gut geschrieben - trotzdem blieb mir imer noch die Hoffnung, dass die Trennung vor der Affäre stattfindet oder zumindest sehr kurz danach - besonders Dirk war mir sehr sympathisch im ganzen Band und war, glaube ich, vielleicht sogar mein Lieblingscharakter. Ja, sehr komisch, ich weiß. XD Ich musste jedenfalls noch öfter als Flo daran denken, was Dirk dazu sagen würde, ich olle Moralschachtel. Er hat seine Macken, (seine Distanziertheit halt, nicht nur im räumlichen Sinne) aber er gibt sich auch Mühe und verdient Ehrlichkeit.
S. 304 (Kapitel
Sous-Chef) hat dann das beste Gespräch im ganzen Roman - obwohl die Dialoge mit Stella immer sehr gut geschrieben sind - dieser setzt noch einen drauf, da musste ich echt laut loslachen.
So ab
Two-Night-Stand kommen dann aber diese... Längen rein un ein paar andere Kritikpunkte machen sich bemerkbar. Es ist durchaus realistisch, dass man sich an seine Beziehung klammert, aber trotzdem seine Affäre braucht, snst gäb's sie ja nicht und Flos Gefühle waren auch gut nachvollziehbar, aber das ändert nischts daran, dass die David-Flo-Dirk-Situation die nächsten 200 Seiten festgefahren bleibt und von einem Missverständnis ins nächste rutscht. Die Sympathie geht da noch mehr in Richtung Dirk. Es gab weiterhin viele schöne Szenen, aber dass Flo es so lange nicht schafft, seinem Freund seine Affäre zu beichten, gibt denen einen etwas faden Beigeschmack.

Stilistisch gesehen kann auch eine ziemliche Häufung von Wörtern, Phrasen oder ganzen Sätzen beobachtet werden - das stärkt das Gefühl vom Auf-der-Stelle-treten noch mehr.
Eher kurios als negativ ist mir diese "Hey!" "Hi!"-Begrüßung aufgefallen. Die zwei Wörter tauchen echt oft vor und immer bringen sie ihr Ausrufezeichen mit - egal, wie erschöpft der Sprecher ist, seine Begrüßung bekommt er mit Gusto hin!
Aber der Titel findet nochmal zu seinen Höhen zurück mit
Wer geht ist immer das Arsc*loch, in dem man endlich ein vernünftiges Gespräch zwischen Flo und Dirk hat! Gut, dass Flo schlussendlich doch die Initiative ergriffen hat - hätte ja sein können, dass Dirk es einfach entdeckt und Flo es erklären muss... Das Gespräch ist jedenfalls wieder sehr gut geschrieben.

Dirk scheint es zuerst sehr gelassen zu nehmen, aber ich denke, wenn man genau aufpasst, merkt man, dass es ihn mehr mitnimmt, als er es zu zeigen zulässt. (Seine Klamotten und der Dreitagebart nach der Trennung...) Da ist er David überraschend ähnlich - beide sind schlecht darin, ihre Emotionen zu zeigen, nur maskiert das David mit Cholerik und Zynismus und Dirk mit gespielter Unaffektiertheit. Und hey, Flo eigentlich auch, Mr. "Ich mag's nicht, wenn Dirk mich 'Süßer' nennt, aber ich sag's ihm nicht" Hach, ich will ein Dirk-Spin-Off. XD (Auch wenn Dirk als Name nicht sonderlich sexy ist, haha~)
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