Welchen Film habt ihr zuletzt gesehen? [Bewertung + Review]

[franque]

Smile 2, USA 2024, Regie: Parker Finn


So originell war das Smile-Phänomen vor 2 Jahren ja auch nicht: Vormals ganz normale Personen kriegen plötzlich irgendwelche total hysterischen Panikanfälle, wenn sie irgendwas sehen, was sonst keiner sieht, halluzinieren also wie irre (or do they?), faseln was von widerlich grinsenden Visagen, bis sie selber grinsen wie ein Honigkuchenpferd auf verseuchtem Crack und sich entleiben. Was den ersten Film so besonders machte war die generelle Paranoia-Atmosphäre, die besonders durch 2 Faktoren gefördert wurde:
1) eine schräge Optik mit ominösen Bildkompositionen am laufenden Meter, beunruhigenden Schwenks und gelegentlich auf dem Kopf stehenden Perspektiven sowie
2) eine bedrohlich brodelnde, quietschende, verzerrte Avantgarde/Elektronik/Geräuschkunst-Musik/Tonspur in bester Tradition von besonders 70er Horror der weirderen Art wie behandelt in Stephen Throwers "Nightmare USA", wo man nicht zuletzt aus Kostengründen gerne an dem jungen Moog-Synthesizer derart rumspielte, dass vor Schreck nicht wenige Kinozuschauer Popcorn und Kaffeebecher verschüttet und leichte Verbrühungen davongetragen haben dürften. Also auch bei SMILE: nix mit Hollywood-sinfonischem Gedudel, sondern ein Soundtrack (wörtlich zu verstehen), der genauso on edge ist wie die Psyche der Hauptfiguren, nachdem sie zum ersten Mal die verdammte Grinsefresse gesehen haben, im ersten Psychiaterin Sosie Bacon und jetzt eine Popsängerin namens Skye Riley, dargestellt von Naomi Scott aus dem entsetzlichen ALADDIN-Realfilm-Remake mit Will Smith, das nur ca. 1001mal schlechter war als der Zeichentrickfilm von 1992.

Allerdings muss man gleich sagen: Scott ist diesmal ziemlich grandios, hart im Nehmen, dann völlig panisch, katapultiert sich mit einem Elan Vollkaracho durch die Wohnungseinrichtung wie wir das seit Daria Nicolodi in Maria Bavas göttlichem SHOCK (1977) nicht mehr erlebt haben. Der Anti-Showbiz-Vibe ist nicht unähnlich zu dem kürzlich gelaufenen, allerdings etwas arg überkandidelten THE SUBSTANCE*. Das toxische Umfeld darf auch nicht fehlen, hier v.a. vertreten durch eine schwer gebotoxte Rosemary DeWitt als drangsalierende Popstar-Mom. Die brachiale Emanzipation vom dysfunktionalen Influencer-happy-en Familiendasein hatte in letzter Zeit wohl HATCHING mit seinem Mega-Ende auf den Punkt gebracht.
Der Hintergrund ist trotzdem auch für SMILE 2 passend: Wo pausenlos gute Miene zum bösen Spiel gemacht wird, debile Selfies wie auf Autopilot geschossen werden oder eingefrorene (und nicht zuletzt: eben Botox-)Zerrvisagen das Ambiente bestimmen, da fühlt sich der wie auch immer geartete Smile-"Dämon" genauso zu Hause wie Art The Clown bei der Kölsch-Hänneschen-Sitzung (oder eben der Kinderschar in der weihnachtlichen Shopping Mall, wie letztens gesehen).
Die visuelle und akustische Brillanz ist mindestens so ausgeprägt wie im ersten Teil, da kann man nicht meckern, das ist immer noch einer der besten Horrorfilme der letzten Zeit, zumal aus den USA. Total meltdown non-stop.

Zwei Rekorde der 2020er:
Am meisten erschrocken habe ich mich in den letzten Jahren nicht in einem Horrorfilm, sondern in Christian Petzolds UNDINE, in der Szene, als plötzlich das Aquarium platzt. Aber ich habe lange nicht mehr so gelacht wie in SMILE 2 in der Szene mit dem nicht funktionierenden Teleprompter und der alten Vettel neben Naomi auf der Bühne, als diese ihren nächsten Anfall kriegt...



*im Gegensatz zu M. Night Shyamalans TRAP, der ja eher einen Pro-Showbiz/Fankultur-Vibe hatte

[joe ker]

Hach, soll ich den echt noch im Kino ansehen. Hör ja fast nur gutes.

In the Meantime...

Der Autovampir (Upir z feratu) von Juraj Herz (1981)

Aus der ehemaligen Tschechoslowakei kamen damals ja einige prächtige Filme, allein in dieser Zeit werden wir wieder zugeschüttet mit Haselnüssen im TV. Und gehen wir mal weg von Pan Tau, Luzy und Konsorten dann landen wir irgendwann, wenn wir den Pfad nicht vorzeitig verlassen, bei Juraj Herz.

Upir z feratu hat für mich in über 30 Jahren einen gewissen Kultstatus erreicht. Der lief damals in den 80ern im Münchner Cinema in der Tagesmatinee. Seitdem hab ich den einmal im ZDF gesehen (noch in Vor-VHS Zeiten) und danach nie wieder.

Herz legt hier ein unterschätztes Meisterwerk hin und nimmt vor allem Cronenberg so einiges vorweg. Ein Rennstall testet ein neus Fahrzeug welches rein "biologisch" fährt und gerät mit einem Notarztfahrzeug aneinander. Später stirbt die Fahrerin des "Vammpir" betitelten Wagen nach einem Überschlag. Dann wird es bizarrer und wirrrer und der Notarzt versucht das Geheimnis des Fahrzeugs und des Rennstalls zu lüften. Dabei bringt uns Herz nicht nur bizarre Mensch-Maschine Verschmelzungen nahe, auch Medien und sog. Gaffer werden thematisiert. Die Gaffer, die immer aus den gleichen Personen bestehen und Dr. Malik später sogar beim aussteigen kurz vor einem Unfall aufhalten, sind schon sehr unheimlich. Das verschwinden der Leiche, das auftauchen einer Zwillingschwester, Maliks Kollegin die als Ersatzfahrerin für die zuvor Verstorbene eingesetzt wird und der ein ähnliches Schicksal bevorsteht, sind wunderbar mit einem fast schmerzhaftem, disharmonischem Soundtrack untermalt, der die Skurilität des Film noch unterstreicht.
Dazwischen dann menschliche Arme die in Motoren eindringen, abgefressene, skeletierte Füße (im off, der Film ist bei weitem nicht so blutig wie er dargestellt wird, FSK 12) die das Gaspedal so zugerichtet hat. Das ist viel was später Cronenberg in Existenz, Crash oder auch im genialen Videodrome allerdings wesentlich deutlicher zeigt, bzw thematisiert.

Der Film ist eher ruhig, bietet dabei allerdings eine sehr hohe Dichte an skurilen Einfällen, eine stets unheimliche Atmosphäre. Stellenweise wird er zur Satire auf die Medienlandschaft und den Motorsport, stellt aber die eigentliche Handlung dann doch mehr in den Fokus.
Ein echter kleiner Geheimtipp.

Vor einigen Jahren brachte Ostalgica den Fim auf Scheibe, leider für exorbitante 35€ in der Bluray Variante. Auflage 1000 Stück und die sind immer noch regulär erhältlich.

[Exphilosoph]

"Die haben nichts Gutes mit Ihnen vor!"
"Ich auch nicht mit denen."
"Das sind zu viele."
"Das kann ich ändern."

Tschiller: Off Duty (140-minütiger Tatort-Kino-Ausflug auf Einzel-Bluray)

Im Grunde ein ziemlich frecher "Taken"-Aufguss? Nein. Es ist ein Upgrade. Wenn man Taken 1 und 2 nach dem dritten Gucken mitsingen kann, macht diese Reise von Hamburg über Istanbul nach Moskau auch beim 10. Mal noch großen Spaß. Ein echtes Action-Highlight entlang türkischer Gefängnisse, russischer Organhandelkliniken und jeder Menge todbringender Gefahren. Das Muster kennt man von "Ein Fall für Zwei" (der Dreiteiler!), vom ersten Schimanski-Kinofilm und einigen 70er Jahre Miniserien wie Härte 10 oder gar Alexander Zwo. Man schickt die Hauptfiguren einfach auf eine Reise durch Europa (im allerweitesten Sinne dieses Mal), wo sie von einer Falle in die nächste laufen. Immer schon hochgradig unterhaltsam. Aber Tschiller setzt echt noch einige Schippen drauf und operiert höchstpersönlich selbst seiner Tochter am Ende eine Bombe aus dem Bauch. Tschiller kann was. Vielleicht nur ganz knapp verfehlt er das Ziel, großes Kino zu sein. Weil ganz unterm Strich ist Tschiller eben doch nur Til Schweiger.

[frank1960]

Mit dieser Stimme is er halt nur Til, der Junge von nebenan. In seinen Rollen sollte er den großen Schweiger mimen. Oder synchronisiert werden. Ich stelle mich mit meinem Lukschy-Bass gerne zur Verfügung.

[frank1960]

Aber mal ernsthaft: Mit Stimmbändertraining könnte er schon was machen. Markus Merk hat so sein Piepsorgan zur markanten Männerstime geformt.

[Exphilosoph]

Mit Stimmbändertraining könnte er schon was machen.

Nur mal angenommen, dass er selbst auch ein bisschen cool ist wie seine Rollen, denn gefühlt spielt er ja scheinbar meist sich selbst, dann ist ihm wahrscheinlich völlig egal, wie Leute seine Stimme finden. Statt "Ich muss hier meine Tochter retten und du kommst mir hier mit Selbsthilfegruppe." kommt dann "Ich mach hier 'n Film, und..."

[Filmfreak]

Ich verstehe. Ja, kann ich mir auch was drunter vorstellen. Ich weiß auch, dass es viele Rainer Brandt-Fans gibt. Ich bin grundsätzlich mehr so ein Fan des Originalen, aber ich behalte mir vor, es in Einzelfällen genauso wie du zu sehen.

Klingt gut. Genehmigt. Du darfst

Ja, und diese furchtbare Bluray-Edition der "Zwei Missionare" ist ein anderes. Wo man den Film in italienisch mit deutschen Untertiteln angucken kann, die aber dem Wortlaut der deutschen Synchro entsprechen. Man sieht da am Anfang minutenlang, wie Terence Hill beschaulich und wortlos in sich hineinsinnend durch den Dschungel spaziert, und man sieht Untertitel, die einer Sonntagspredigt ähnlicher sind als der Originalfassung.

Eigentlich müßte man das Original rügen, wenn nichts gesagt wird, obwohl man es erwartet (wie ich) oder die Szene es erfordert. Hätte Elia (Adriano in „Der gezähmte Widerspenstige“) nichts von sich gegeben, als er aus seinem Hause Klaviertöne vernahm, wäre es merkwürdig. Sogar ich hätte auf dem Weg laut vor mich hingesprochen und gemeint, wer das wohl ist. Menschlich. Ganz ohne Worte zum Haus gehen und sich anschleichen? Diese Stille finde ich eher befremdlich. Da frage ich mich schon oft, wieso die das tun. Nicht bei einer Komödie.

Und die DDR-Synchro ist lieblos. Hauptsache deutsch, aber ohne die Finessen, die eine gute Synchro ausmacht.

[Örtliche Bücherei]

Rio Bravo

Einer der beeindruckendsten Western mit Haudegen John Wayne. Ein Sheriff versucht das Gesetz aufrecht zu halten. Mit ihm ein Säufer, ein Greenhorn und ein alter Krüppel, welche gemeinsam gegen eine Horde schiesswütiger Galgenvögel kämpfen.

Mir gefällt der Schauspieler John Wayne ohnehin saugut. Kaum ein anderer Aktor verkörpert den amerikanischen Cowboy so gut wie diese Legende. Dieser Film gehört zum besten, was es an klassischen Western gibt.

Dazu ein Ohrwurm eines Liedes, welches einem selbst Tage danach noch verfolgt.

Empfehlung: anschauen!

[frank1960]

Wenn Colorado ein Greenhorn sein soll, dann hat John auch keine Chance bei Frollein Käsekuchengesicht. Zur Strafe fährst du mit Alan Bourdillion Traherns Hut auf dem Kopf den Mississippi hinunter.

[Junior Woodchuck]

In Horrorfilm-Laune: Zuletzt gesehen, Smile 2 und Terrifier (2016)

Smile 2 schließt nahtlos an Teil 1 an und erzählt den weiteren Verlauf der Selbstmord-Kette. Man weiß nie, was jetzt tatsächlich passiert oder was nur Einbildung ist, aber eins ist sicher, wer Teil der Kettenreaktion wird hat nichts zu lachen und das ist unterhaltsam. Für einen dritten Teil, falls einer kommt, würde ich mir allerdings etwas Neues wünschen im Storyverlauf, wobei die Betroffenenrate ohnehin schon exponentiell angestiegen sein dürfte.

Aber ich habe lange nicht mehr so gelacht wie in SMILE 2 in der Szene mit dem nicht funktionierenden Teleprompter und der alten Vettel neben Naomi auf der Bühne, als diese ihren nächsten Anfall kriegt...

Ich fand die Szene bei der Autogrammstunde am witzigsten, mit dem Mädchen mit der Zahnspange.

Terrifier

Im Gegensatz zu Smile um einiges brutaler, ein richtiger Slasher. Auch gut und mit krassen Ideen, nur das übernatürliche Ende gefällt mir nicht so, hätte da einen Clown-Trick vor den Polizisten besser gefunden. Und die Freundin am Fleischhaken, hätte ich gedacht, würde im Hintergrund komplett auseinandergerissen werden von den Zugkräften der beiden Seiten, während Art im Vordergrund aus dem Bild läuft^^