[...] LAX ist ein Erzähler, der sich hier mit einem zunächst unscheinbaren Thema befasst, in dem sich jedoch eine immer stärker werdende Dramatik ausbreitet. Ein Mann setzt alles (wirklich alles) daran, seinen Traum wahr zu machen. In einer Zeit, in der sich Ruhm noch über Zeitungen verbreitete, erkämpft sich ein Mann sein Ziel und wird zum Adler ohne Krallen. Bei Betrachtung der Geschichte, der herrlich nostalgischen Bilder, versucht man als Leser natürlich Vergleiche anzustellen. Wie sehr haben Technik, Trainingsmethoden und Sportmedizin eine Sparte des Rennsports nach vorn gebracht und wie groß muss angesichts dieser Verbesserungen (vom Doping einmal abgesehen) die Leistung der Pioniere jenes weltberühmten Rennens geachtet werden?
Es ist eine zunächst einfache Welt, die LAX beschreibt. Im Gebirge sind die Träume klein, sie gipfeln in einer guten Familie, einem beruflichen Auskommen und selten in sportlichen Höchstleistungen. So ist zu Beginn weder für den Leser noch für die Hauptfigur absehbar, wie dieser Antoine Fario einmal über sich hinauswachsen und den Respekt von Radrennkollegen und Franzosen auf sich lenken wird. LAX beschreibt anfangs die Freundschaft zwischen Antoine und dem Astronomen Camille. Camille wird schließlich die brüderliche Stütze sein, die Antoine wieder Mut macht.
So gelingt es LAX eine zutiefst menschliche Geschichte zu erzählen, bis er zu den Leidenschaften und der Mühsal eines Sportlers gelangt, der die Leistung über das leibliche Wohl stellt. Doch ist es gerade diese Einstellung, die die Presse schließlich nach Antoines ersten größeren Erfolgen dazu veranlasst, Antoine den Beinamen Adler von Esponne zu geben, werbewirksam und voller Hochachtung. LAX skizziert die Handlung wie ein beobachtender Zeichner. Er legt Charakter in die Gesichter, Ausdruck in die Haltungen. Distanz gibt es nicht. Der Zeichner nimmt den Leser hautnah ins Geschehen, über die Schulter von Antoine blickend, an die Rennstrecke.
Die Linien sind dünn, die Figuren zerbrechlich, die Farben stützen den Blick in eine Vergangenheit, wie sie der Leser von alten Fotografien, vielleicht Gemälden her kennt. Aber auch der Strich erinnert an diese Zeit, passt hier besonders gut mit seiner zurückhaltenden Wildheit, der Schnelligkeit, auch der Freundlichkeit, mit der LAX seine Figuren findet.
Eine Geschichte, die mit großem Fingerspitzengefühl für den Zeitgeist und die vorkommenden Charakteren erzählt wird. Antoine Fario, der alles für seinen Traum bereit ist zu geben, wird sehr einfühlsam geschildert und (wie alles um ihn herum) gezeichnet. Für Freunde historischer und zutiefst menschlicher Szenarien eine sehr schöne und anrührende Geschichte. Bemerkenswert schön.
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