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  1. #1
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    Autorencomic/Graphic Novel?

    Von zwei Freunden wurde ich neulich zurechtgewiesen; der Erste meinte, der von mir verwendeten Begriff "Autorencomic" sei eigentlich nicht sinnvoll, das mache so etwas wie früher etwa das "Autorenkino", es behaupte einen E/U-Antagonismus, der gerade bei einem Populärmedium nur auf falsche Fährten führe.
    Von einem anderen Freund wurde wenig später beklagt, der von mir verwendete Begriff "Graphic Novel" sei nicht statthaft, er sei seiner Entstehungsgeschichte nach einem Aufwertungsversuch von Comics geschuldet, der sich letztlich aber gegen die Eigenheiten des Mediums richte, indem er sich der Literatur anzubiedern versuche.
    Wer kann diese Begriffsfragen klären, wenn nicht der für Autoren-Novels zuständige Reprodukt-Verlag?

  2. #2
    Moderator Autorenforum / Pony X Press / Katzenjammer Avatar von Spong
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    Es gibt einen E/U Graben, auch in den Comics, sehr schön illustriert durch Erlangen - auf der einen Seite Reprodukt, auf der anderen Zwerchfell (wie ein Kumpel die Tage passend bemerkte). Scheinbar können Deutsche nicht anders.

    Ich finde per se nichts schlecht an Autorencomic. Es bezeichnet die Visison eines Einzelnen as opposed to der "massen"-hafteren Ausrichtung eines kommerzielleren Produktes, in dem ein ganzes Team an Autoren, Zeichnern, Koloristen beteiligt ist.

    Wann etwas eine "Graphic Novel" ist, ist mEn auch von dem reinen Umfang der Geschichte abhängig - unter 80 Seiten würde ich zögern, etwas eine Graphic Novel zu nennen. Immerhin hat Novel auch mal irgendwann was mit "Roman" zu tun gehabt - aber der Begriff wird sehr frei verwendet. Im strikt literaturwissenschaftlichen Sinne, wäre selbst BLANKETS eine Novelle.

    Ich würde sagen, das eine zielt eher auf den Inhalt, das andere auf die Form.

    Und das mit dem Populärmedium ist ja so eine Sache, in Anbetracht der Leserzahl ...

  3. #3
    Moderator Reprodukt
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    Den Begriff "Reprodukt-Verlag" gibt es nicht, den "Avant-Verlag" jedoch schon. Auf das "Verlag" ist bei "Reprodukt" bewusst verzichtet worden - eine rein subjektive Entscheidung, für die es zum Glück keinen wissenschaftlichen Hintergrund brauchte.

    Mit der Problematik bei den Begriffen "Autorencomic" und "Graphic Novel" gebe ich dir oder deinen Freunden Recht, aber eine Alternative gibt es meines Wissens noch nicht. Die Alternative müsste wohl sogar eine neue Wortschöpfung sein, so wie "Kino" (von Kinematograph) auch für den Film als Medium steht (allerdings verstehen die einen den Comic als Medium, während die anderen ihn als Genre betrachten).

    "Bildergeschichte" ist ein Begriff, der mir sympathisch ist, vielleicht weil es gleichzeitig etwas beinhaltet, das für Kinder gedacht zu sein scheint und sich im gleichen Atemzug eben auch der Literatur anzubiedern versucht, wenn man so will. Daraus ergibt sich dann aber eine ganz spannende Gegensätzlichkeit.

    Die eigentliche Frage zu klären, wäre wohl eher ein Gegenstand für ein Seminar oder eine Dissertation.
    Geändert von Dirk Rehm (25.07.2006 um 11:19 Uhr)

  4. #4
    Moderator Reprodukt
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    Autorencomic finde ich persönlich in Ordnung. Den Begriff graphic novel hat Eddie Campbell versucht, in seinem Manifest zu erfassen:
    http://en.wikipedia.org/wiki/Eddie_Campbell#Manifesto
    großartig vor allem der letzte Punkt:
    "The graphic novelist reserves the right to deny any or all of the above if it means a quick sale."
    Meistens sind solche Diskussionen eher nervig, weil man sowieso nicht zu einem endgültigen Begriff kommt. Wichtig ist doch eher, dass andere wissen, was man mit Autorencomic oder graphic novel meint. Haben denn die Freunde einen anderen Term vorgeschlagen?

  5. #5
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    Na ja, "Autorencomic" fand ich als Übernahme in mehrerer Hinsicht problematisch: Ganz logisch erst einmal, weil der "Autorenfilm" ja selbst schon einen Übertragungsversuch aus der Literatur auf den Film darstellt. D.h. der Film soll wie ein Roman oder eine Erzählung möglichst eine durchgängige Handschrift kriegen, im Zweifelsfalle dadurch, dass der Regisseur auch das Drehbuch schreibt usw. Das hatte eine bestimmte Stoßrichtung gegen ein Mainstreamkino, eine bestimmte historische Situation und entsprechend einen ganz bestimmten emphatischen Autorschaftsbegriff. Aber inwiefern man das jetzt auf die heutige Comicproduktion in D'land beziehen kann? Es müsste dann ja das, wovon man sich abgrenzen will (nichts gegen Abgrenzungen!), vor allem dadurch bestimmt sein, dass es z.B. in großen Studios in Arbeitsteilung für einen breiten Markt produziert würde. Aber welchen Wert hat diese Abgrenzung überhaupt, selbst wenn man dieses Feindbild hätte? Die Verwechslungsgefahr ist doch nicht so groß, und wer hätte ernstlich vermutet, dass sich hinter "Sascha Hommer" ein ganzes Studio von fleißigen Angestellten verbirgt?
    Beim Begriff "graphic novel" bin ich mir nicht so sicher. Er setzt halt voraus, dass Comics als "grafische Literatur" bestimmte Erzählformen, bestimmte narrative Muster mit anderer erzählender Literatur gemein haben. Es müsste dann natürlich neben dem "grafischen Roman" auch "grafische Erzählungen", "grafische Novellen", "grafische Gedichte" usw. geben. Das könnte man durchaus so sehen, zumal - von "Novelle" einmal abgesehen - all diese Begriffe ja leidlich elastisch sind. Also, sehr präzis kann es nicht werden damit, aber für das Anliegen, das narrative Moment zu betonen, wie es früher hieß, die "Textualität von Comics", und darüber hinaus das Erzählen in größeren Geschichtsbögen einzufordern, finde ich sie okay. Nun willst Du darüber hinaus gern das Kunstwollen der entsprechenden Zeichnerinnen und Zeichner betonen, ohne in die alte "Kunscht"-Aufwertungsrhetorik zurückzupurzeln. Das verstehe ich, glaube aber nach wie vor nicht, dass es mit der "Autor"-Geschichte funktioniert.
    Vielleicht ist es aber auch ganz anders.

  6. #6
    Moderator Reprodukt Avatar von Christian Maiwald
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    Wie vorsichtig wir alle doch sind! Jeder hat eine Meinung, eine Sicht der Dinge, aber wagt es nicht wirklich, darauf zu bestehen. Wenn Comics doch eine umfangreiche Begleitwissenschaft hätte. Es gibt ja nicht mal eine griffige Definition von Comic, die jeder unterschreiben möchte. (Wobei ich auch nicht weiss, wie das beim Film zum Beispiel ist.) Da begibt man sich bei Fragen wie der nach dem "Autorencomic" bzw. "Graphic Novel" a) auf "schwamiges Gebiet" und/oder b) beharrt auf seine Meinung. Da hat Dirk Recht - das muss mal sinnvoll aufgearbeitet werden. Da ich dem Dilemma auch nicht ausweichen kann, muss ich nun auch meine Ansicht, bzw. Meinung dazugeben - und kann nicht auf Fakten, Fakten, Fakten bauen.


    Comics sind ein Medium.
    Innerhalb der Comics gibt es Genres, Stile und Erzählformen.
    Und auch einen Mainstream.
    "Autorencomics" als Begriff ist ok, da es keinen besseren Begriff gibt. Nur wofür? Ich würde einen "Autorencomic" als solch einen bezeichnen, in dem eine eigene Handschrift des Autors in besonderem Maße ablesbar sind. Wenn man den Begriff weiter konkretisieren will, kommt man schnell bei persönlichem Geschmack an - wenn man "Blankets" so bezeichnen will, "Good-bye Chunky Rice" auch? Ich würde sagen ja. Ein besonderes Maß an Literarität, also narrativer Klasse, kann ein Merkmal sein, muss aber nicht. Richard McGuires "Here", Experimente der Oubapoten und überhaupt viele Kunstcomics, aber auch prägende Kreative wie Jack Kirby und Stan Lee etc. gehören so auch dazu. Sicher auch eine Menge Comicmacher, die ich persönlich nicht mag. (Aber ich versuche mir nicht eine Definition zurechtzulegen, die meinen Geschmack durch einen hochgestochenen Begriff veredelt.) Da muss es nicht um Abgrenzung gehen im Sinne von gut und schlecht.
    So gesehen haben wir in Deutschland die Situation, hier sehr viele Autoren (in diesem Sinn) zu haben.
    "Graphic Novel" - als Begriff für eine Form narrativer Comics hilfreich, wobei die Grenzen zu anderen Comicformen natürlich verschwimmen und eine Unschärfe in Kauf zu nehmen ist, da nicht jede GN die Kriterien einer schriftliterarischen "Novel" erfüllt. Im Prinzip sehe ich das so wie jfb.
    Meiner Meinung nach kann man beide Begriffe benutzen, nur dass sie nicht deckungsgleich sind.

  7. #7
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    Aber im Begriff "Autorencomic" ist halt, wenn er an "Autorenfilm" anklingt, die Abgrenzung nicht neutral, sondern, zumindest tendenziell, immer schon mit der Qualitätsbehauptung einer guten "originären Schöpfung" gegenüber einem bösen "Massenprodukt" verbunden.
    Nuja, und dass die Definitionen desto loser werden, je grundsätzlicher der Begriff ist, kennt man ja: Wer wüsste schon, was "Literatur" ist. Ich find's auch tatsächlich nicht nötig, irgendwelche definitorisch festgeschriebenen Begriffe zu verwenden, da hier ja niemand eine wissenschaftliche Argumentation aufbaut. Aber sinnvoll scheint mir schon, zu schauen, welche Implikationen die Begriffe haben, mit denen man - wie provisorisch immer - arbeitet.

  8. #8
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    Den Begriff "Graphic Novel" fand ich schon immer lächerlich. Das klingt wie: "Nein, das ist kein Comic, sondern ein RICHTIGES Buch!" Autorencomic ist doch ganz in Ordnung, da sehe ich kein Problem.

  9. #9
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    Hmm...mir fallen jetzt ausser "Michel Vaillant" gar keine richtigen Autorenncomics ein.

  10. #10
    Moderator Reprodukt Avatar von Christian Maiwald
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    Das hiesse im Umkehrschluss aber, dass Romane (wenn man Novels so übersetzen mag) per se anspruchsvolle Literatur seien. So wie es schlechte Romane und schlechte Sachbücher gibt, kann es aber auch schlechte Graphic Novels geben. Mit dem Begriff kann ich leben.

    Das Argument Autorencomic = originäre Schöpfung ist, kann ich unterschreiben, aber die Gegenüberstellung zum "bösen Mainstream" nicht. Es ist ja nicht so, dass ein Massenprodukt Qualität praktisch ausschliesst - Vielleicht weniger daran interessiert, aber nicht per se daran komplett uninteressiert.

    @reversi: http://www.amazon.de/exec/obidos/ASI...260365-2367750

  11. #11
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    Klar, die Gattungsbezeichnung "graphic novel", also wörtlich: "grafischer Roman", ist absolut wertneutral, und das ist ihr großer Vorteil. Ein Roman ist eine größere episch-erzählerische Form, Punkt.
    Was die negative Wertung des Massenprodukts angeht: Die wollte ich keineswegs unterschreiben! Ich glaube nur, dass in der Geschichte des Begriffs "Autorenfilm" diese Abwertung als ganz wesentliches Ideologieelement mitgeschleppt wird. Wobei das natürlich verkürzt ist, aber zumindest in Deutschland würde ich diese Tradition schon sehen.
    Und übrigens ist die oben beklagte Opposition von "Zwerchfell" und "Reprodukt" wohl eine ganz andere, denn als Mainstream kann man Zwerchfell usw. ja kaum bezeichnen. Wenn man das beschreiben wollte, müsste man wohl doch andere Kategorien finden?

  12. #12
    Moderator Autorenforum / Pony X Press / Katzenjammer Avatar von Spong
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    Schön wäre wirklich ein genuines eigenes Wort (so wie Max Goldt seinerzeit dem weiblichen Geschlechtsorgan einen neuen Begriff schuf, weil er der Meinung war es gäbe keine schönen). Vielleicht sollte man einen Wettbewerb ausschreiben.

    "Autorencomics" finde ich ambivalent. Ich benutze es gern, um die Comics anderer zu beschreiben, aber weder ich noch sonst irgendwer würde auf sein Cover schreiben "Ein Autorencomic von ..."

  13. #13
    Moderator Reprodukt
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    @Spong: Das entspricht ja ein Stück weit dem, was Eddie Campbell auch in Bezug auf "graphic novel" in seinem Manifest schreibt.

    9. Graphic novelists would never think of using the term graphic novel when speaking among their fellows. They would normally just refer to their "latest book" or their "work in progress" or "that old potboiler" or even "comic" etc. The term is to be used as an emblem or an old flag that is brought out for the call to battle or when mumbling an enquiry as to the location of a certain section in an unfamiliar bookstore. Publishers may use the term over and over until it means even less than the nothing it means already.
    Die Trennung in E/U zwischen Zwerchfell und Reprodukt kann ich auch nicht erkennen. Bei den Comics von Zwerchfell ist vielleicht eine vordergründige Lust an der Trashkultur festzumachen, die es so bei Reprodukt nicht gibt, aber beiden Verlagen geht es doch vor allem darum, unterhaltende Comics zu produzieren. Unter die Kategorie E fallen für mich allenfalls die OuBaPo-Versuche in Killoffers "Wie man sich bettet" oder vielleicht der eine oder andere Titel von Anke Feuchtenberger.

  14. #14
    Moderator Autorenforum / Pony X Press / Katzenjammer Avatar von Spong
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    Der Text von Eddie Campbell ist eh genial.

    Und natürlich war der Vergleich vereinfacht und wird beiden Verlagen nicht gerecht, aber ich habe ein bisschen verstanden was mein Kumpel meinte. Es spiegelt zwei verschiedene und sehr archetypische Ansprüche (wertfrei) wieder, die für zwei Pole in der "Szene" stehen: Die Funny-Popcorn-Unterhaltung in der Tradition der bunten Heftchen (FACK DIE HENNE ist wohl das beste Beispiel dafür ) und die etwas freie, Kunst-orientiertere "Comics können mehr"-Haltung mit eigeneren, persönlicheren, und experimentelleren Inhalten, z.B. eben Feuchtenberger. Mahler hat ja sehr schön beschrieben, wie sehr Kunst und Comic einander traditionell angewidert gegenüberstehen. Aber natürlich ist die Realität nicht so einfach.

    Über den Autorenncomic musste ich ja doch mal grade breit grinsen.

  15. #15
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    Gar nicht einfach ist sie, die Realität. Aber ich habe Saschas Begriffssuche ja eher als den Versuch verstanden, eine neuere Entwicklung benannt zu kriegen, die es sich eben nicht mehr so einfach machen will und kann, sich als "Kunst" zu erklären und damit ist dann auch alles gegessen. Deshalb ist's ja überhaupt erst interessant, zu fragen, inwiefern die Begriffe so etwas tragen können oder an ihrern mitgelieferten Feindbildern zu sehr zu laborieren haben. D.h., es ging ihm doch wohl um die Frage, wie das heißen könnte, was sich nicht der Trashästhetik und des etwas brachialeren Humors alteingesessener Teile des Comic-Underground bedient, aber auch weder der primär grafischen, erst sehr sekundär narrativen Kunstformen der 90er-Avantgarde noch dem Experimentalismus der Oubapoeten usw. Positiv bestimmt: was grafisch und erzählerisch reflektiert ist, gern auch über weitere Strecken erzählt und eigentlich recht souverän ist im Hinblick auf so etwas wie die Wertigkeit des Mediums, da man die inzwischen eben doch nicht mehr begründen oder statuieren muss, dass "Comics ernst machen", "kein Kinderkram sind", "mehr können" und wie die Floskeln lauteten. Wobei halt die Frage nach diesem Selbstverständnis mit der schlichten Gattungsfrage durcheinandergeht, was aber nicht erstaunt, da's sich nun mal im Moment vor allem durch die Gattungsmerkmale bestimmt: eben erzählerisch und umfassender zu sein (und natürlich souverän genug, auch mal nicht von morgens bis abends "ernst zu machen" und "mehr zu können", das kann ja ganz schön anstrengen).

  16. #16
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    ja, genau, darauf bin ich aus.

  17. #17
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    ...und wurde damit alleingelassen. Tja. Ist ja auch die Frage, ob man tatsächlich die Stufe der albernen PR-Begriffe, die man allenfalls braucht, da alles, was man verkaufen will, irgendwie heißen muss, überspringen und gleich mit einem brauchbaren Klassifikationsbegriff in die Offensive gehen kann? Wenn ich so mal weiterspinne, worauf Du aus sein könntest...
    Dabei frag ich mich grad, ob das, was als Vorbild auszumachen ist, also alles zwischen Dan Clowes, Adrian Tomine, Chris Ware usw., usf. einen irgend brauchbaren Überbegriff hat, neben dem allenfalls brauchbaren Gattungsbegriff "graphic novel". Aber für das, was auch nicht mehr so einfach in langwirkender 60er-Jahre-Linie als "alternative" oder "underground comic" zu labeln oder mit unscharfen Etiketten wie "autobiografisch" oder "alltäglich" zuzukleben ist? Vielleicht brauchen die so etwas aber auch gar nicht, da eben die Tradition und die Entwicklungslinien andere sind?

  18. #18
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    Die Amerikaner (oder jedenfalls die "alternative publishers") hätten das schon gerne, zumal die relativ frisch eingeführten "graphic novel"-Abteilungen bei Barnes & Noble etc. so sehr mit den "graphic novels" der Superhelden-Verlage zugestopft sind, dass es schon wieder einige Mühe macht, ein "La perdida" oder einen "Jimmy Corrigan" zu finden.

    Ein entsprechender Klassifikationsbegriff in der Literatur (und in der Buchhandlung) wäre wohl "Belletristik". Aber auch darunter läuft ja auch so einiges zusammen... Ein ursprünglicher Gedanke hinter dem Format, das Art Spiegelman für "Maus" gewählt hat, war ja auch, dass er damit wie selbstverständlich in das Buchregal unter "S" sortiert werden könne, und sein Werk eben nicht in der Cartoon-Abteilung verloren geht.

  19. #19
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    Okay, Belletristik, also Fiktionalliteratur ist es sicherlich, da Comicsach- und -fachbücher, Comicreiseberichte, Comicbiografien usw., sogar Comicautobiografien in einem engeren Genresinne ja eher Ausnahmefälle sind. Wenn man freilich vom Regal ausgeht, steht unter "Belletristik" zumindest im Buchkaufhaus ja alles an "fiction", das die Schwelle zu dem überschritten hat, was man wohl "gute" oder gar "bessere Unterhaltung" nennt. Also sehr viel.
    Der erste Punkt aber ist, glaub ich, tatsächlich am ehesten mit der Frage von Sascha verknüpft, nämlich, was ist eigentlich die Plattform, begrifflich wie materiell, von der aus man sagen kann: Hey, wir haben hier was Spannendes, schaut mal, ob Euch das interessiert! Das also einen engeren, angenehmen Kontext zeigt. Denn ob man nun zwischen Comicstapeln oder Buchstapeln verschollen geht, ist ja eine Geschmacksfrage...

  20. #20
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    So gesehen wäre natürlich Alles in Ordnung, weil die übergreifende Plattform in Bücherläden mit größerem Comicangebot oder Comicläden ist dann halt "Independent-Verlage", und in der Regel findet man da wirklich, in einem schmalen und übersichtlichen Regal, einen kleinen Haufen inhaltlich und formal anspruchsvoller Comicerzählungen.

  21. #21
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    Na dann! Übrigens ist die Kennzeichnung meiner Meinung nach nicht nur auf dieser pragmatischen Ebene wichtig, also auf der, dass man es ja so labeln kann, und dass es unabhängige Verlage gibt, denen man so sehr vertraut, dass man die Neuerscheinungen blind abgreift. Sondern natürlich haben solche mittel- und kleinverlegerischen Zentren auch eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, dass eine Szene sich bildet, dass sie weiterbesteht, dass bestimmte Stile ausgeprägt werden, dass bestimmte Leute erreicht werden usw. Das finde ich sehr wichtig, aber eher in Hinblick auf den Prozess und die jeweilige Szene. Dass man übergreifend - wie man es in der Literatur-, aber auch Comicideologie der sechziger, siebziger Jahre kennt - sagen kann, dass das "Alternative", "Undergroundige", "Unabhängige" als solches die Arbeiten schon wesentlich charakterisiert, glaube ich dagegen weniger. Das dann wirklich allenfalls noch in Hinblick auf die Regalstellplätze.

  22. #22
    Moderator Reprodukt
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    Also keine neuen Vorschläge, Wortschöpfungen etc.? Schade!

  23. #23
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    Bildergeschichte
    Comic Erzählung
    Grafische Erzählung
    Grafische Literatur
    ...
    finde ich passend, aber "neue" Begriffe fallen mir erstmal nicht ein.
    Geändert von kiki_magic (27.07.2006 um 22:28 Uhr)

  24. #24
    Mitglied Avatar von Mick Baxter
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    Zitat Zitat von Christian Maiwald Beitrag anzeigen
    Comics sind ein Medium.
    Es gibt zwei Definitionen von Medium, und nur nach einer davon sind Comics ein Medium (nach der anderen eine Literaturform).
    "Autorencomics" beschreiben ein ähnliches Phänomen wie seinerzeit die Liedermacher. Auch da ging es eigentlich nur zuerst darum, zu kennzeichnen, daß der Interpret gleichzeitig der Autor ist. In der Rezeption ergaben sich daraus aber Anforderungen des Publikums an den Liedermacher, "authentisch" zu sein, sprich, nicht nur 1:1 das auszusagen, was er meinte, sondern auch in seinem privaten Leben dem zu entsprechen.
    Auf Comics übertragen bedeutet das, daß die Erwartungen an einen Autorencomic durch Comics wie "The Dark Knight returns" nicht unbedingt befriedigt werden.

  25. #25
    Junior Mitglied
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    Ja, aber das sind eben alles so komische Ideologien, Authentizität, Unmittelbarkeit, Aufrichtigkeit. Auch das stört ja an dem "Autor"-Begriff.
    "Grafische Literatur" als Überbegriff find ich okay, obwohl die Bestimmung "grafisch" natürlich etwas ungenau ist, schließlich geht's ja eigentlich schon ganz wesentlich um Wort-Text-Kombinationen (was man in "Literatur" gegeben sehen könnte, aber "Literatur" sagt hier ja erstmal: narrative Sequenzen). Letztendlich find ich unter den alten Begriffen darum auch "Comicroman" z.B. glücklicher als "Grafischer Roman". Man hat dann gleichzeitig den Bezug zur Comictradition und zur narrativen Großform. Oder?

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