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Thema: Die Vorworte von Rolf Kauka (Politik)

  1. #1
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    Die Vorworte von Rolf Kauka (Politik)

    Selten hat sich ein Verlag so intensiv mit seinen kleinen Lesern auseinandergesetzt, wie Rolf Kauka dies in seinen Fix-und-Foxi-Heften zwischen 1961 bis 1975 tat. Zwar gab es schon vorher vereinzelt Artikel, jedoch bedeutete das Vorwort in Heft 302 (39/1961) einen Wendepunkt. Damit erhielt nun auch die Politik Einzug ins Heft und die Leserbriefspalte wurde, zwecks Unterstützung der Artikel, ausgebaut. In den rund 15 Jahren verfasste Rolf Kauka - oder auch die Redaktion in seinem Namen - über 700 Artikel, das Jugendmagazin LUPO MODERN/TIPTOP und die FF-Sonderhefte mit eingeschlossen. Immer endeten die Beiträge mit „Euer Rolf“.

    Der Themenbereich war enorm. Allerdings setzten sich Zweidrittel aller Artikel mit Form und Inhalt des Fix-und-Foxi-Magazines auseinander. Hauptanliegen der übrigen Vorworte waren Denkanstöße zu „richtigem“ Verhalten, auf Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen und wichtige Tipps zur Lebenshilfe zu geben. Man bekam von Kauka das Bild eines wahren Kinderfreundes. Ein Idealist, der alle Kräfte darauf konzentrierte, ein Vorbild zu sein. Viele Artikel waren den Kindern aus dem Herzen gesprochen und gaben ihnen das Gefühl ernst genommen zu werden.

    Rolf Kauka verfasste seine Vorworte nicht mit erhobenen Zeigefinder, sondern als gut gemeinter Rat des „großen Bruders“. Die Formulierungen und geschickten Umschreibungen, die Rolf benutzte, um schließlich zum Kernpunkt seiner Aussage zu kommen, sind heute noch lesenswert und interessant. Je nach Art des Kommentars unterstrich er, den jeweils auf Seite 2 wohlplatzierten Artikel, mit einem passenden Portrait-Foto. Ein lachender Rolf, wenn er einen Spaß machte oder ein nachdenklicher bei allgemeinen Problemen und Lebenshilfen und ein ernster Rolf bei Belehrungen und Warnungen.

    Zeitgleich zum ersten Artikel führte er die Leserbriefspalte ein, um den Dialog zu fördern. Der Leser erfuhr nun, wie andere dachten und sah sich in der Verbundenheit als Mitglied in der großen Fix-und-Foxi-Familie.

    Bis 1965 setzten sich die Leserbriefe neben Themen privater Probleme der jungen Leserschaft, wie Taschengeld, Lesen im Bett, Kino, Hausaufgaben, Schule und Jazz, mit den Artikeln an sich und deren oft politischen Inhalten auseinander. Darum soll an dieser Stelle der Untersuchung der Artikel vorgegriffen werden, und erst einmal auf die Reaktion in der Leserbriefspalte eingegangen werden.

    In Heft 313 (50/1961) wurde der erste Leserbrief zum Thema von Rolfs Artikel abgedruckt. In diesem durchweg positiven Brief schrieb der Leser, daß auch die Eltern die Artikel verfolgen, und daß diese Kommentare auch in der Schule besprochen würden.
    Seit in Eurer Zeitschrift eine Leserbriefspalte ist, freue ich mich noch mehr auf jedes neue Heft. Besonders gut finde ich immer die Artikel von „Rolf“. Sie sagen immer das, was wirklich einmal gesagt werden muß. Ich lese sie oft zweimal und auch meine Eltern verfolgen sie aufmerksam. Neulich haben wir sogar in der Schule über einen Artikel von „Rolf“ gesprochen, der vor 14 Tagen in FIX UND FOXI erschienen ist. Einige Freunde von mir behaupten zwar, so etwas passe nicht in FIX UND FOXI, aber ich bin der Meinung, daß gerade dadurch Eure Zeitschrift etwas Besonderes ist. Udo P. aus Kaiserslautern (14 Jahre)
    In Heft 314 (51/1961) schrieb eine Leserin, daß ihre Lehrerin meinte, diese Artikel würden nicht in so ein Heft passen.
    Wir haben neulich in der Schule über einen Artikel von Rolf gesprochen. Dabei meinte unsere Lehrerin, das passe nicht in so eine Zeitschrift. Ich finde aber, daß gerade dadurch FIX UND FOXI etwas Besonderes ist. Deshalb lese ich auch jeden Artikel von Rolf und finde, daß sie genauso zu Eurer Zeitschrift gehören, wie die Bildserien. Beatrix D. in Berchtesgaden (15 Jahre)
    Eine weitere Leserin schrieb in Heft 316 (01/1962), daß ihr Vater nicht mit den politischen Artikeln einverstanden wäre.
    Mein Vater sieht von Zeit zu Zeit nach, was ich lese. Dabei hat er einige FIX UND FOXI-Hefte durchgeblättert. Er findet sie gut, hat aber gesagt, daß die Artikel von „Rolf“ nicht hineinpassen würden. Das sei Politik, mit der wir Kinder nichts zu tun hätten. Ich finde aber, daß wir auch ein Recht haben, uns mit diesen Problemen zu beschäftigen, weil wir ja später auch eine Meinung dazu haben müssen. Gudrun Fischer aus Maisach (13 Jahre)
    Ein anderer Brief im gleichen Heft berichtete von einer Mutter, die eine neugewonnene Brieffreundschaft mit einem Jungen aus der Ostzone verbot.
    Leser in Heft 322 (07/1962) fanden die Leitartikel lehrreich und interessant. In Nummer 323 (08/1962) kommentierten Leser das Verbot der Mutter aus Heft 316 (01/1962).
    In den FIX UND FOXI-Ausgaben 324, 342, 343, 350 (35/1962) und 364 (49/1962), sowie Heft 380 (13/1963) wurden ausschließlich positive Leserbriefe abgedruckt.
    Band 380: Obwohl immer wieder Stimmen gegen Euren Leitartikel laut werden, muß doch gesagt werden, daß sich FIX UND FOXI dadurch von anderen Zeitschriften unterscheidet. Ich und viele meiner Freunde sind jedenfalls der Meinung, daß er in jedem Falle lesenswert ist und man nur daraus lernen kann. Gerd Lüders aus Berlin (14 Jahre)
    Die einzig kritische Stimme war in Heft 492 (20/1965), wo sich ein Leser über die Moralpredigten ärgerte und äußerte, daß man merke, was Rolf bezwecke.
    Allmählich geht mir Ihr Artikel „Liebe Freunde“ auf die Nerven. Seien Sie mir bitte nicht böse, daß ich es so deutlich sage. Aber mich ärgert es einfach, daß Sie uns Moralpredigten halten wollen. Sie schreiben zwar nicht so, wie die Lehrer in der Schule sprechen, aber man merkt doch, was Sie damit bezwecken. Robert Hinz, Zweibrücken
    Der letzte Brief zu diesem Thema kam in Nummer 508 (36/1965) und war durchweg positiv. Aber mittlerweile waren die Artikel fester Bestandteil des Heftes und entweder man akzeptierte sie oder überblätterte sie. Artikel und Leserbriefe stellten praktisch eine Einheit dar - sie waren etablierte Rubriken, die sich gegenseitig unterstützten.
    Soweit die Leserbriefe zu den Artikeln „Liebe Freunde“. Die Leserbriefe, so selten wie sie auch eingesetzt wurden, ergänzten sich mit den Artikeln in der Sache der Meinungsbildung. Letztlich machte sich das Fix und Foxi-Heft dadurch auch ein bisschen interessanter.



    Die DDR - Deutsche Demokratische Republik (1949 - 1989)

    Anlass des ersten Vorwortes mit politischen Inhalt war der Bau der Mauer am 13. August 1961, der quer durch die deutsche Bevölkerung als große Ungerechtigkeit angesehen wurde. Das Vorwort in Heft 302 vom 26.09.1961 besprach erst einmal die neue Situation und welche Möglichkeiten FIX UND FOXI-Leser hätten, dem positiv entgegenzuwirken. Nämlich durch regen Briefwechsel die Kluft zwischen beiden Staaten nicht größer werden zu lassen. ZITAT: „Und deshalb rufe ich euch alle auf, HELFT MIT!“ (...) „Beschafft euch Adressen von Jungen und Mädchen, die hinter dem eisernen Vorhang wohnen. Schickt ihnen eure FIX UND FOXI-Hefte, die ihr gelesen habt.“ (...) „... schreibt an mich, ich vermittle euch Anschriften“ (...) „... denn die Jugendlichen von heute sind morgen Erwachsene in leitenden Stellungen in Politik, Wirtschaft und Industrie.“ ZITATENDE
    Kaukas ehrliche Empörung über das andere Regierungssystem spiegelte sich in Heft 308 vom 07.11.1961 und dem Weihnachtssonderheft 1961 wieder. In FF 308 erzählte er eine Fabel vom Stern „Einsam“, auf dem es früher einmal Leben gab. Nämlich die Rechts- und die Linksfüßer, die jeweils mit besagtem Fuß zuerst aufstanden und den anderen vorschreiben wollten, es auf die gleiche Weise zu tun. Die Auseinandersetzung wurde immer heftiger und da der Planet aus Kohle bestand, drohte man mit Fackeln. Durch ein Mißverständnis wurde ein alles vernichtendes Feuer gelegt.
    Rolf Kauka befürchtete wohl, daß das geteilte Deutschland der Auslöser für den dritten Weltkrieg - einem globalen Atomkrieg - werden könnte. In der Tat standen sich Ende Oktober 1961 amerikanische und russische Panzer an der Sektorengrenze feuerbereit gegenüber. Doch der gefährlichste Höhepunkt des kalten Krieges kam ein Jahr später als der amerikanische Präsident John F. Kennedy zum Atomschlag bereit war wegen der Stationierung russischer Raketen mit Nuklearsprengköpfen in Kuba. Glücklicherweise lenkte der russische Präsident Nikita Chruschtschow ein und befahl den Rückzug. Doch dies ahnte Kauka zu diesem Zeitpunkt nicht. (Übrigens, 1980 erschien im Herbig Verlag das Buch „Roter Samstag“ von Rolf Kauka, der auf 350 Seiten schildert, wie sich der „2-Tage-Atom-Krieg“ der Supermächte ausschließlich auf deutschem Boden abspielt.)
    Im FIX UND FOXI-Weihnachtssonderheft 1961 prangert Kauka den Zustand in und um Berlin in einem recht polemischen Stil an. Man sieht ein schwarz-weißes Bild mit Mauer und Stacheldraht. Dazu in großen Buchstaben der Text: „Durch diesen Stacheldraht kommt das Christkind nicht!
    Man darf voraussetzen, daß Rolfs Engagement ehrenhafte Motive besaß. Er setzte seine Hoffnungen auf eine bessere Welt in die Jugend von heute. Leserbriefe zum Thema „Briefwechselwünsche“ aus und mit der Ostzone wurden regelmäßig bis Fix und Foxi Nr. 37 des 16. Jahrgangs (1968) veröffentlicht. Dann hatte man sich im Hause Kauka anscheinend nach etwa sieben Jahren mit der Existenz der DDR abgefunden und sie als gegeben akzeptiert. Dieses Abfinden ist allerdings schon weit früher in einem Lupo modern-Heft dokumentiert. Zur ASTERIX-Einführung mit der Geschichte „Siggi und die goldene Sichel“ steht in Ausgabe 6/1965: „(…) Bonhalla steht dennoch auf verlorenem Posten. Den Gedanken an die Wiedervereinigung mit den Brüdern und Schwestern im übrigen Germanien hat man längst resigniert unter der Donar-Eiche vergraben. (…)“ (Die Donar-Eiche war ein den altgermanischen Göttern geweihter Baum. Im Zuge der Missionierung ließ Bonifatius diesen Baum im Jahre 723 fällen, um die Ohnmacht der unchristlichen Götter zu beweisen.)

    Aufgrund der vielen Aufrufe Rolfs, schrieben einige Leser über ihre Erfahrungen. Unter anderem der Aufruf einer „dankbaren Oma“, die sich über einen edlen Spender freuen würde, der anstatt ihrer, nun FF-Hefte an eine Adresse in der Zone schicken könnte.
    So stand es in Heft 444/1964, Seite 25:
    „Ich habe meinem Enkel jede Woche ein FIX UND FOXI-Heft in die Zone geschickt. Bin aber Rentnerin und kann es mir jetzt geldlich nicht mehr leisten. Es würde mich sehr freuen, wenn sich ein edler Spender finden würde, der ihm die Hefte zuschickt. Seine Adresse ist: Dieter Benecke, Bruchmühle bei Berlin, Landsberger Straße 4, Post Fredersdorf
    Eine dankbare Oma
    In Ausgabe 462/1964 schrieb eine besorgte Mutter aus der DDR, daß keine Hefte geschickt werden sollten, „sie wären hier verboten und wir haben nur Unannehmlichkeiten.
    In Heft 557/1966 sind auf Seite 31 eine geballte Anzahl von Leserbriefen zum Thema Briefkontakte. Dort schreibt ein Leser aus Köln von vergeblichen Versuchen, Hefte gegen Briefmarken zu tauschen. (Möglicherweise suchte er die Sperrmarken, deren Ausfuhr verboten war. Denn das waren postgültige Briefmarken in niedriger Auflage, die zur Devisenbeschaffung an ausländische Sammler verkauft wurden. Siehe SPERRWERT bei Wikipedia)
    In FF 597/1967 und Nummer 619/1967 bitten Ostleser um ausgelesene Hefte, da ihre Verwandten, die sie bis dato versorgt hatten, verstorben seien.
    Insgesamt wurden zwischen 1962 bis 1968 17 Bittbriefe aus dem Osten veröffentlicht.
    Das letzte Schreiben bezüglich Ost-Erfahrung war in Heft 37/1968, Seite 3. Dort schrieb ein Leser, dass seine FIX UND FOXI-Hefte immer wieder zurückgeschickt würden. Rolf half mit ein paar klugen Tips.
    (…) Aber kommen wir gleich zur Sache: Durch FF fand ich eine Brieffreundin in der DDR. Sie ist ein sehr nettes Mädchen - und jetzt korrespondiere ich mit der ganzen Familie. Da FF in der DDR nicht zu kaufen ist, wollte ich ab und zu ein paar Hefte nach drüben schicken, aber sie wurden wieder zurückgeschickt. Bitte, w i e kann ich FIX UND FOXI-Hefte an meine Brieffreundin schicken, so daß sie ankommen?
    Heinz Rauter, 851 Fürth, Am Hasensprung 15
    Ein Wundermittel gibt es da leider nicht. Ich kann Dir nur sagen, wie es mir manchmal gelingt, Hefte in die DDR zu schicken: Ich verschicke jedes Heft einzeln - in einem möglichst kleinen Umschlag. Dann darf kein gedruckter Absender daraufstehen. Alles muß sehr privat aussehen. Am besten ist auch, die Umschläge mit der Hand und nicht mit der Maschine zu adressieren. Versuche es bitte noch einmal! Ich drücke Dir die Daumen!
    Die Aufrufe, gelesene FIX UND FOXI-Hefte zwecks Verknüpfung von Freundschaften zum anderen Deutschen Staat zu schicken, kam als Artikel in Heft 350/1962, wo noch einmal deutlich klargestellt wurde, daß man in der Ostzone FIX UND FOXI-Hefte nicht kaufen kann.
    Briefe aus dem anderen Deutschland
    Unter den vielen Briefen, die ich täglich erhalte,
    sind fast immer einige aus der Ostzone. Heute
    zum Beispiel schrieb mir Gisela S. aus Leipzig:
    „Eure Zeitschrift erwarte ich immer mit Spannung. Meine fünfjährige
    Schwester sieht immer schon an den Bildern, was Lupo wieder an-
    gestellt hat. Meine Mutter muß ihr dann die Geschichten vorlesen.
    In der letzten Zeit allerdings konnten wir die Hefte nicht mehr be-
    kommen, weil uns mein Vetter, der in Westdeutschland lebt, keine
    mehr schicken kann“.
    In der Ostzone kann man nämlich FIX UND FOXI nicht kaufen. Die
    dortige Regierung läßt es nicht zu, daß Zeitungen und Zeitschriften aus
    dem Westen frei gehandelt werden. Deshalb sind die Kinder darauf
    angewiesen, daß wir ihnen unsere gelesenen FIX UND FOXI-Hefte
    schicken. Dazu schrieb mir auch Andreas Sch. aus Dresden:
    „Leider muß ich nun schon längere Zeit im Krankenhaus liegen. Kürz-
    lich bekam ich einen neuen Bettnachbar, der jede Woche ein FIX
    UND FOXI aus dem Westen geschickt bekam. Wir haben uns damit
    herrlich die Zeit vertrieben. Seit er aber entlassen ist, habe ich keine
    Gelegenheit mehr, Ihre lustige Zeitschrift zu lesen. Da man sie hier
    nicht kaufen kann, würde ich mich sehr freuen, wenn Sie mir helfen
    könnten“
    Natürlich haben wir in beiden Fällen geholfen und verschicken regel-
    mäßig das neueste Heft an Gisela und Andreas. Wer eine wirkliche
    GUTE TAT vollbringen will, hat hier Gelegenheit dazu. Wenn Du keine
    Freunde oder Verwandte in der Ostzone hast, kannst Du sicher über
    Deine Eltern oder deren Bekannte Adressen erfahren, wohin Du Deine
    gelesenen Hefte schicken kannst.
    Wir können uns damit echte Freunde im anderen Teil Deutschland
    schaffen und vielen Jungen und Mädchen eine Freude machen.
    Euer Rolf
    So ehrenhaft Rolfs Motive erschienen, ging es ihm aber vielleicht nicht doch um den Markt Ostdeutschland? So hat der damalige Konkurrent MICKY MAUS, laut ICOM-Info 54 vom Dezember 1991, nach dem Fall der mauer die Auflage um 300.000 Exemplare steigern können.
    Aber nachdem Kaukas Wirken keine Früchte trug, kam wohl die Gesinnungswende. Der Ton wurde schärfer, die Polemik stieg. Nun wurde die DDR-Führung verbal angegriffen. Im LUPO Magazin Nr. 2 von 1964 stand, zielend auf ein älteres Publikum - den Jugendlichen, folgendes: „Wenn in Ostdeutschland, in der Sowjetzone keiner lacht, das verstehe ich. Wer da lacht, hat nichts zu lachen. Dort hat auch keiner die Freiheit zu wählen, wen er will und zu lachen, über wen er will. Das Volk hat daran keine Schuld, das Lachen muß von oben kommen, dann steckt es das ganze Volk an“.

    Die eigenwillige Asterix-Version der Geschichte „Siggi und die Ostgoten“ wird gerne als politisches Machwerk interpretiert. Tatsächlich bot sich der Stoff für eine echte Polit-Satire an. Die Bearbeitung dieser Geschichte war der Höhepunkt einer Verächtlichmachung der ostdeutschen politischen Führung. Es darf spekuliert werden, daß die Teilung Deutschlands der Auslöser für die von Rene Goscinny erdachten Geschichte war. Sie passte aber ganz und gar auf die deutschen Verhältnisse und so bekamen einige der Protagonisten die unschöne Frakturschrift (Lautmalerei der ewig Gestrigen) verpasst. In der Comixene 17 ist ein empfehlenswerter Artikel über die Asterix-Transposition zu Siggi und Barbarras. Andreas C. Knigge stellt fest, daß hier Anspielungen und Schlagwörter aus der Politik ohne jegliches Konzept verwendet wurden. Allerdings bleibt ein Gesamtnegativeindruck in Richtung Osten zurück.

    Eine ähnliche Bearbeitung widerfuhr dem Asterix-Abenteuers „Asterix und Latraviata“ im Jahre 2001, welche mutmaßlich Michael F. Walz und/oder Horst Berner verzapft haben. Auch hier wurden wahllos Schlagwörter und Zitate dem Tagesgeschehen und der aktuellen Politik entnommen. Wer erinnert sich heute (2019) noch an „BSE“? Oder den Kanzler-Spruch „Hol mir mal ne Flasche Bier!“? Zwar diesmal politisch korrekter aber genau so unkomisch, da die Anspielungen zeitlich begrenzt sind und heute keine Bedeutung mehr haben.

    Kauka arbeitete an zwei Fronten. Einerseits griff er die DDR-Führung an, und andererseits animierte er die Kinder zu Maßnahmen der Völkerverständigung. In FIX UND FOXI Nr. 557 von 1966 rief er als Clubaktion auf, ein „Ehrenmitglied aus der DDR“ in den Club mit „ständigem Briefwechsel“ aufzunehmen.
    Soweit Rolf Kauka’s Auseinandersetzung mit der DDR. Als die Mauer 1989 fiel, war Rolf bereits seit 7 Jahren in Amerika und war 72 Jahre alt. Es wäre interessant zu erfahren, wie er - und ob er überhaupt, auf dieses Ereignis reagiert, und mit welchen Worten kommentiert hat.

    F O R T S E T Z U N G F O L G T . . .
    Geändert von nc-schmitt (16.12.2019 um 15:30 Uhr)
    Herzliche Grüße
    nc

  2. #2
    Mitglied Avatar von Anthracite
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    Siehst denn auch aus damaliger Sicht eine innenpolitische Tendenz in den Vorworten, gesehen auf die Innenpolitik zwischen Adenauers Alleinvertretungsanspruch und Brandts neuer Ostpolitik?

    Ich meine, dieser belehrende Tonfall den Kindern gegenüber war bis in die 70er nicht ungewöhnlich, ein Stolz der Überlegenheit des Westens gegenüber dem Osten bestand bis zum Sommer '89, als die DDR-Bürger gegen die Bevormundung aufbegehrten, und abwertende Begriffe wie Ostzone (SBZ war mMn. noch pejorativer) waren in den ersten Jahren der Bundesrepublik üblich.

  3. #3
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    Meine ganz persönliche Ansicht:
    Ich sehe keine innenpolitische Tendenz. Es mag von Kauka eine rechts-konservative Haltung geben.
    Aber ich habe nichts in den Artikeln gelesen über einen Bezug der westdeutschen Politik zur DDR. Da hat er sich fein zurückgehalten.

    Ich sehe auch keinen belehrenden Tonfall, sondern eher ein gezieltes Aufhetzen. Und das bei den kleinsten Bundesbürgern. Also diejenigen, die man tatsächlich am leichtesten beeinflußen kann.

    Den Begriff "Ostzone" halte ich auch nicht für abwertend. Es gab nun mal die Aufteilung in Zonen. Und da die Russen eben aus dem Osten kamen... Insgesamt hat sich eher das DDR-System im Laufe seines Wirkens selbst abgewertet, indem man stur an der Planwirtschaft von verstaatlichten Institutionen festgehalten hat. Dies führte eher zu einem Herunterfahren jeglicher Initiative der Werktätigen. Und das dann letztlich zur Insolvenz des Staates. Man hätte den Mittelstand in privater Hand lassen sollen.

    Siehe dazu folgenden Artikel:

    https://www.welt.de/geschichte/artic...=pocket-newtab

    Ich glaube auch nicht, dass man von einem westdeutschen Stolz gegenüber der DDR sprechen kann. Aber es gab unzweifelhaft eine deutliche wirtschaftliche Überlegenheit, eine echte Demokratie und natürlich freier Zugang zu allen Waren. Dies alles mag bei den Bürgerinnen und Bürgern der DDR zu einer Art Minderwertigkeitskomplex geführt haben, der - leider - bis heute andauert.

    Möglicherweise war der große Fehler nach der Wiedervereinigung, dass per Gießkannenprinzip Unmengen an Geld in die neuen Bundesländer geschaufelt wurde, anstatt mit Ziel und Maß.

    Ich weiß, jetzt bin ich es, der Stammtischgeplauder zum Besten gibt - das beabsichtige ich eigentlich nicht.
    Herzliche Grüße
    nc

  4. #4
    fuxiger Teilzeit-SysOp Avatar von Markus
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    Bei mehreren Stammtisch-Einschätzungen würde ich tatsächlich zu Widerspruch neigen (z.B. die Abwertung durch den "Ostzonen"-Begriff, und einiges mehr), aber das soll tatsächlich alles Stammtisch bleiben und gehört nicht hierher.
    Auf jeden Fall Danke, dass du dieses spannnende und oftmals leider auch schwierige Thema der Vorwörter aufgemacht hast, die sich zu gesellschaftlichen und politischen Themen jener Zeit verhalten haben. Den Kontext jener Zeit können wir natürlich nicht ausblenden und an anderer Stelle haben wir - soweit ich mich zumindest erinnere - sogar schonmal einige einzelne durchaus kontroverse und sehr schwierige Aussagen im Vorwort diskutiert. Es ist vielleicht ganz gut, das auch mal thematisch strukturiert hier zu machen. Ich bin auf die Fortsetzung sehr gespannt.

  5. #5
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    Auch von mir erst mal herzlichen Dank für die detaillierte Auswertung der "Euer Rolf"-Kolumne & der dazugehörigen Leserbriefe. In einem Punkt jedoch bitte ich um Aufklärung. Wie ist das jetzt zu verstehen?

    Zitat Zitat von nc-schmitt Beitrag anzeigen
    Ich sehe auch keinen belehrenden Tonfall, sondern eher ein gezieltes Aufhetzen. Und das bei den kleinsten Bundesbürgern.
    Definiere "Aufhetzen"... Schließlich hast Du vorher geschrieben und m. E. ausführlich belegt:

    Zitat Zitat von nc-schmitt Beitrag anzeigen
    Einerseits griff er die DDR-Führung an, und andererseits animierte er die Kinder zu Maßnahmen der Völkerverständigung.
    "Völkerverständigung" ist übrigens insofern pikant, als wir ja nun seit spätestens 1989 wissen, dass wir doch nur ein Volk sind. Und auch hier muss ich belehren:

    Zitat Zitat von nc-schmitt Beitrag anzeigen
    Den Begriff "Ostzone" halte ich auch nicht für abwertend.
    Die "Ostzone" war bereits Mitte der 60er sehr wohl abwertend gemeint, weil längst überholt. Die drei ehemaligen westlichen Besatzungszonen nannten sich schließlich schon seit 1949 "Bundesrepublik", vor allem aber "Deutschland", und ihr östliches Pendant hieß "Deutsche Demokratische Republik", kurz DDR. Letzteres war aber im Westen verpönt, und man sprach lieber weiter von "Ostzone", "Sowjetischer Besatzungszone" ("SBZ") oder allenfalls "sogenannter" oder auch nur "DDR", genau so, nämlich in Anführungszeichen. Bzw. einfach von "drüben", gern z. B. in der populären Grußformel für Nonkonformisten: "Geh doch nach drüben!" Ein beliebtes Stilmittel im Kalten Krieg. Man wollte der Gegenseite schlicht jegliche staatliche Legitimation absprechen. Das war auch Staatsräson der Bundesrepublik, letztlich bis zur sozialliberalen Koalition unter Brandt ab 1969 und seiner neuen Ostpolitik unter dem Motto "Wandel durch Annäherung". Den Kauka womöglich auch schon beabsichtigte durch seinen Aufruf zu Brieffreundschaften mit "drüben", nur vermutllich unter etwas anderen Vorzeichen.

    Bin nun gespannt, wie es weitergeht, wenn die Kauka-Kolumnen selbst zur Sprache kommen.

  6. #6
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    Teil 2

    Von Schafen und anderen Politikern


    Was mag nur einen Verleger, wie Rolf Kauka, dazu bewegen, sich ausgerechnet bei Kindern über politische Themen mitzuteilen. Reichte der örtliche Stammtisch nicht aus? Der Literaturwissenschaftler Bernd Dolle-Weinkauff sprach im Jahre 1995, anläßlich der Einstellung der FIX UND FOXI-Heftreihe, innerhalb der Sendung ZAK (ARD) bei einem Interview über Kauka von einem möglichen Apologeten. Das ist jemand, der eine ganz bestimmte Meinung hat, und diese auch vehement vertritt.
    ZITAT: „Ist das also ein besonders schlitzohriger Apologet - etwa von Rudolf Hess in dieser Sache - oder versucht er sich einfach interessant zu machen? Gleichzeitig möchte er im Grunde als auch als politische Größe etwas gelten; das macht er dann in diesen Kolumnen.“ ZITATENDE
    Zu Hess und den „unschuldigen Gefangenen in Spandau“ später mehr.

    Die Palette der politischen Themen in den Artikeln war groß und facettenreich. Eben so, wie die Tagespolitik nun mal ist. Mit dem Abstand von über 50 Jahren ist es natürlich einfach, schlau daherzureden. Daher soll im nachfolgenden Text NICHT ge- oder verurteilt werden, sondern das jeweilige damals brandheiße Thema teils näher beleuchtet werden.

    Auch die Auslandshilfe brannte Kauka auf der Seele. In FIX UND FOXI 304/1961 regte er an, daß nicht nur Geld in unterentwickelte und Not leidende Länder geschickt werden sollte, sondern auch „...Männer und Frauen, die das Talent haben die aufstrebenden farbigen Völker zu unseren Freunden zu machen.“ Gemeinsam, unter deutscher Anleitung sollten die seit dem Ende der Kolonialzeit von Bürgerkriegen zerrissenen afrikanischen Völker in eine friedvolle Zukunft gehen.

    FIX UND FOXI 304:
    Liebe Freunde!
    Was glaubt Ihr, wie lange Ihr braucht, um die Summe
    von 5 Milliarden Mark in einzelnen Markstücken ab-
    zuzählen? Gebt Euch keine Mühe, es zu erraten, Ihr
    verschätzt Euch doch. Wenn ein Mensch Tag und
    Nacht zählt, ohne zu schlafen und zu essen, benötigt
    er dazu ungefähr 4000 Jahre. Als die Pharaonen die
    große Pyramide bauten, hätte der Mensch anfangen
    müssen zu zählen, um heute den Betrag von 5 Milliar-
    den beisammen zu haben.
    Und einen solch großen Betrag verschenkt die deut-
    sche Bundesregierung bis 1962 an unterentwickelte
    Länder.
    Manche von Euch werden sich fragen, warum schreibt’ Rolf Kauka dies in
    FIX UND FOXI? Ob die Regierung „Entwicklungshilfe" bezahlt, interessiert
    uns nicht. Das ist Politik. Das ist eine Angelegenheit der Erwachsenen.
    Ich möchte Euch dagegen sagen, man kann nicht früh genug damit anfangen,
    sich für die Gemeinschaft zu interessieren und für das, was unsere Regie-
    rungsvertreter beschließen und tun. Denn Ihr, die Ihr heute noch FIX UND
    Foxi lest, tragt in einigen Jahren selbst die Verantwortung für eine Familie
    für die Gemeinschaft, für den Staat.
    Es gibt yiele Leute in unserem Staat, die sind dagegen, daß so viel Geld an
    farbige Völkerstämme gezahlt wird, die sich dafür Schulen, Straßen und Kran-
    kenhäuser bauen. Sie sagen, baut erst mal in Deutschland genügend Schulen,
    errichtet bei uns moderne Krankenhäuser, verbessert unsere Straßen, damit
    der Verkehr flüssiger wird und wir weniger Unfälle haben. Ja, das sagen sie
    und haben dabei nicht mal Unrecht. -
    Obwohl wir selbst Mangel haben, zahlt die Regierung trotzdem 5 Milliarden
    Mark? Nein, unsere Regierung in Bonn hat ihre Gründe. Vor allem aber will
    sie, daß es den farbigen Völkern besser geht. Es soll eine brüderliche Hilfe
    sein. Krankenhäuser und Medikamente, damit die Farbigen gesünder werden,
    Straßen, damit diese Länder wirtschaftlich erschlossen und seine Einwohner
    mehr zu essen haben, und Schulen, damit die Jugend lesen und schreiben lernt!
    Bis dahin ist alles schön und gut, aber wißt Ihr, was nun passiert? Die Regie-
    rung der farbigen Länder setzt Lehrer ein in die Schulen, die von unserem
    Geld gebaut wurden. Und diese Lehrer in Kamerun oder im Kongo sagen zu
    ihren Schülern ungefähr so:
    Lehrer: Wir, die Völker Afrikas, sind das älteste Kulturvolk der Erde.
    Schüler: Was ist ein Kulturvolk, Genosse Lehrer?
    Lehrer: Ejn Kulturvolk ist ein Volk, das besser ist als die anderen. Ein Volk wie wir.
    Schüler: Und warum sind wir besser, Genosse Lehrer?
    Lehrer: Weil wir gescheiter sind, tapferer, junger Stammesgenosse!
    Schüler: Woran merkt man das, Genosse Lehrer?
    Lehrer: Unsere Vorväter haben die Telegraphie erfunden.
    Schüler: Ja, das stimmt, wir haben in unserer Hütte auch noch eine Trommel!
    Lehrer: Unser Stammesgenosse Guttenwumba hat die Buchdruckkunst erfunden!
    Schüler: Wir sind mächtig stolz auf unseren Vorfahren.
    Lehrer: Wir haben bessere Wissenschaftler und Ärzte als die weißen Völkerstämme!
    Schüler: Wir haben die besten Medizinmänner!
    Lehrer: Aber Genosse Schüler - du mußt die Endungen besser lernen - ! Es heißt nicht Medizin-männ-er, sondern nur Medizin-er!
    Schüler: Uff - Sprache lernen sehr schwer.
    Ja, liebe Freunde, das ist leider kein Witz, das ist die Wirklichkeit. Und des-
    halb sollten wir außer Geld noch etwas anderes zu den farbigen Völkern
    schicken - nämlich Männer und Frauen, die das Talent haben, die aufstreben-
    den farbigen Völker zu unseren Freunden zu machen. Vielleicht ist unter Euch
    einer, der dies später einmal macht, denn Freunde gewinnen ist besser als Geld
    verschenken. Sprecht mal mit Euren Eltern und Lehrern darüber und schreibt
    mir, was Ihr dazu denkt.
    Euer Rolf
    Kritisch greift Kauka das Thema auch in Heft 324/1962 wieder auf. Hier prangert er das Verhalten der farbigen Staatsmänner an, die zwar gerne Entwicklungsgelder annehmen, sich aber gegen jegliche westlichen Einflüsse abschotten. „Sie hetzten gegen die weißen Völker,“ empört sich Rolf Kauka.

    In Heft 316/1962 beschwert er sich gegen den Haß im allgemeinen und speziell gegen Deutschland. „Das ist die Wurzel aller Kriege“, erkennt er.

    Mit einem anderen Artikel greift Kauka in FIX UND FOXI 329/1962 einem Thema vor, daß Jahre später der Auslöser der 68er Revolte sein sollte. Es ging dabei um den Schah von Persien, der im Überfluß lebte, während seine Bauern nicht einmal das Nötigste zum leben hatten. Als der Schah Jahre später Berlin besuchte, protestierten viele Studenten
    gegen den Diktator. Am 2. Juni 1967 wird der Student Benno Ohnesorg während einer Demonstration gegen den Schah von, einer Polizistenkugel getroffen und tödlich verwundet. Eine Initialzündung: Viele bis dahin unpolitische Studenten solidarisierten
    sich mit linken Gruppen. Es kommt zu Demonstrationen, Rektoratsbesetzungen und Protesten, die sich über ganz Deutschland erstrecken.

    Unter den Auswirkungen des kalten Krieges und speziell der Kuba-Krise schreibt Rolf in Heft 334/62 über den damals in greifbare Nähe gerückten Atomkrieg: „Ich bin dafür, daß alle Welt sich zusammentut und Verbrecher, die einen Krieg planen unschädlich macht. Den Frieden erhalten ist auch eine Aufgabe der Jugend...“ Damit gibt Rolf wieder seiner Idee Ausdruck, daß gesellschaftliche Veränderungen schon in der Jugend beginnen müssen - die Kinder von heute sind die Politiker von morgen.

    Neben gut durchdachten und oft originellen Vorworten, gibt es aber auch verwunderliche.
    Im FIX UND FOXI-Weihnachtssonderheft 1963, im FIX UND FOXI-Heft Nr. 468/1965, Und im Weihnachtssonderheft 1966 schreibt Kauka über Menschen in der Nachkriegszeit. Im Sonderheft Weihnachten 1963 widmet er sich dem Leben einer Familie Anno '46. Es gibt wenig zu essen und die Leute hausen in Ruinen. Der Vater befindet sich in Kriegsgefangenschaft. „...Millionen Männer litten schuldlos, gefangen hinter Stacheldraht...“ so schrieb Kauka zu dieser Szene, die 18 Jahre nach Kriegsende längst Vergangenheit war. Denn bereits 1955 waren die letzten Kriegsgefangenen aus russischen Lagern entlassen worden. In FIX UND FOXI 485/1965 geht es wiederum um eine Familie im Nachkriegsdeutschland zwischen Trümmern und Hungersnot. Der Vater schickt seinen Sohn zu den Soldaten der Besatzungsmacht um eine Uhr gegen Lebensmittel zu tauschen. Der Vater kann nicht selbst gehen, da er sonst verhaftet würde. Offensichtlich empfand Rolf die Entnazifizierung bei den Normalbürgern wohl als Ungerechtigkeit. Denn in der amerikanischen Zone, zu der auch München gehörte, mußte jeder Bürger einen Fragebogen zu seiner Vergangenheit ausfüllen. Ziel des amerikanischen Militärgouverneurs war es, keinem Nazi oder Mitläufer einen Beruf zuzugestehen, der über einer Handlangertätigkeit hinausging. Bis Februar 1950 stuften die deutschen Spruchkammern 1.667 Personen als Hauptschuldige, 23.060 als Belastete und 150.425 als Mitläufer ein.

    Weihnachten 1966 begeht Kauka im entsprechenden FIX UND FOXI-Sonderheft mit dem Satz „...was ich mir, Euch und Euren Eltern vom Nikolaus wünsche: Frieden in allen Ländern, Freilassung der unschuldigen Gefangenen in Spandau und in allen anderen Gefängnissen...“
    Dabei saßen gerade in Spandau wohl kaum Unschuldige. Hier waren die führenden Verbrecher des II. Weltkrieges inhaftiert. Unter anderem auch Rudolf Hess, der Hitlerstellvertreter, der bis zu seinem Tod im Jahre 1987 hier lebte. Nachdem mit ihm der letzte Insaße gestorben war wurde das Gebäude abgerissen. Spandau sollte keine Kultstädte werden.

    Es ist schwer, heute zu beurteilen wo die Hintergründe für Kaukas seltsame
    Vorworte lagen. War es trotzige Verärgerung über vielleicht Unrechte Behandlung von Freunden und Bekannten in der Nachkriegszeit?
    Zumindest erscheint Kaukas Haltung in den Vorworten zwiespältig. Einerseits verurteilt er Kriegstreiber, andererseits sieht er die Deutschen und die deutschen Soldaten eher als Opfer. Letzteres ist und war eine nicht unübliche Haltung. Der Mensch neigt dazu, damalige Taten auszublenden, wenn aktuell Täter leiden müssen.
    Zumindest gab es in den 60er Jahren noch keine konstruktive Auseinandersetzung mit der Nazi-Zeit. Man schwieg lieber und wollte nur vergessen.

    In FIX UND FOXI 536/1966 provozierte Rolf mit der Frage, was seine Leser für die Jugend
    tun würden, wenn sie Präsident oder Bundeskanzler wären eine Leserreaktion, die alle Erwartungen übertraf. Laut eigenen Angaben trafen 21.396 Vorschläge bis zur Nummer 548/1966 ein. Eine Auswahl der Briefe druckte Rolf zu seinem Artikel auf der Seite 2 ab. Die kleinen Leser hatten eine Menge Ideen: Sie wollten ...
    - Fix und Foxi verfilmen,
    - mehr Geld für Sportanlagen zur Verfügung stellen,
    - seltsame Dinge sammeln,
    - Empfänger der goldenen Ehrennadel vorschlagen,
    - dafür sorgen, daß niemand mehr die FIX UND FOXI-Hefte als Schund bezeichnen dürfte,
    - Verkehrsübungsplätze für Kinder bauen,
    - auch die Beatles-Frisuren abschaffen,
    - die ältere Jugend sollte sich wieder manierlich kleiden,
    meinten die jüngeren Geschwister. Sicherlich waren die abgedruckten Vorschläge repräsentativ ausgewählt - aber nicht nur Rolf Kauka mag damals ein wenig enttäuscht gewesen sein, etwas mehr Tiefgang durfte man bei der enormen Leserresonanz auf die phantasiebeflügelnde Frage schon erwarten.

    In dem Jugendmagazin TIP TOP, das im Konzept FIX UND FOXI ähnelte, setzte
    Rolf seine politischen Texte in Form von Fabeln fort.
    In TIP TOP 47/1966 schreibt er, daß er in letzter Zeit immer von Schafen träumt. Von dem Schaf „Burebli“, das ein Kollektiv darstellt. Dieses Schaf gibt dem Kamel (Amerikanern) seine Wolle, damit es vor dem Bär (Sowjets) beschützt wird. Allerdings bekommt das Schaf von dem Kamel nur ein paar mickrige
    Zähnchen zu seinem Schutz. Im Ernstfall hätte das arme Schaf wohl kaum die Möglichkeit, sich gegen den Bär zu verteidigen. Aber es besteht ja noch die Zusage, im Fall des Falles Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen. Gemeint war mit diesem Gleichnis die
    Bundeswehr, die nicht besonders schlagkräftig war und nur symbolischen Charakter hatte. Nachdem im Mai '55 das Besatzungsstatut abgelaufen war und die Besatzungsmächte sich zu Schutzmächte wandelten, wurde am 1.1.1956 die Bundeswehr gegründet. Anfangs hatte die junge Armee wirklich nur Symbolwirkung, etwa um als gleichberechtigter Partner in der
    Nato zu wirken. Aber schon 1957 verfolgten Bundeskanzler Konrad Adenauer und sein Verteidigungsminister Franz Josef Strauß andere Ziele. Sie wollten die Bundeswehr mit taktischen Atomwaffen ausrüsten. Das rief eine riesige Protestwelle hervor, die sich bis in unsere heutigen Tage, in Form der Ostermärsche, erhalten hat.

    TIP TOP 47:
    Liebe Freunde!
    In letzter Zeit träume ich immer von Schafen.
    Hier ist so ein Traum. Könnt Ihr mir erklä-
    ren, was der Traum bedeutet?
    Im Osten des Waldes wohnt ein großer, roter
    Bär. Der hatte ein starkes, kräftiges Gebiß.
    Das Schaf Burebli, das neben dem Bären
    wohnte, wollte auch ein starkes und scharfes
    Gebiß haben. Es hatte Angst vor dem Bären.
    Drum ging es zu seinem Freund, dem Kamel.
    Das wohnte auf der anderen Seite des Wal-
    des. Dort, wo die Sonne untergeht. „Gib mir
    bitte ein scharfes Gebiß, lieber Freund, damit
    ich mich wehren kann.“ „Yes“, sagte der
    große Bruder Kamel, „ich schicke dir ein Ge-
    biß, wenn du mir dafür von deiner guten
    Wolle gibst.“ „Gern“, sagte das Schaf fröh-
    lich und gab seine beste Wolle.
    Zu Hause angekommen, freute es sich auf das
    neue Gebiß. Aber ach ... es bestand nur aus
    kleinen Zähnchen, mit denen es dem großen,
    starken Bären nicht einmal ein paar Haare
    hätte ausraufen können. „He, großer Bru-
    der“, sagte da das Schaf, „ich will so ein star-
    kes Gebiß wie du es hast, damit ich mich
    gegen den roten Bären wehren kann.“ „For-
    get it“, kaute das Kamel, „du hast ja mich,
    ich kämpfe für dich. Übrigens brauche ich
    wieder von deiner schönen Wolle. Ich habe
    Gliederreißen im linken Zeh.“
    Das Schaf gab seine Wolle. „Höre, liebes
    Kamel... wenn mich der rote Bär nun über-
    fällt und ich habe kein scharfes Gebiß, dann
    frißt er mich, bevor du kommen kannst, mir
    zu helfen,“ „Ooh“, mummelte das Kamel,
    „wenn dich der Bär frißt, verlaß dich drauf —
    dann werd’ ich sehr, sehr böse mit ihm!“
    Da freute sich das kleine Schaf, gab fleißig
    seine beste Wolle dem Kamel und ärgerte,
    mit seinem kleinen Gebiß den roten Bären.
    Weil es eben ein dummes Schaf war. Und
    wenn es nicht gefressen ward, dann lebt’s
    vielleicht noch heute.
    Aus der Traum!
    Euer Rolf
    Die Fabel in TIP TOP 48/1966 erzählte davon, daß die Schafe mit ihrem neuen Leithammel über ihre Verhältnisse lebten. Gemeint mit dem Leithammel war Bundeskanzler Ludwig Erhard, der Konrad Adenauer 1963 ablöste und bis 1966 die Regierungsgeschäfte führte. Erhards Maßhalte-Appell ist noch in guter Erinnerung. Er konnte sich aber nicht durchsetzen. Rolf machte mit seinen Schaf-Beispielen deutlich, wohin das führen könnte, [/I]„...große Not herrschte im Schafsvolk und Heulen und Zähneklappern."[/I]

    Rolfs Erzählung in TIP TOP 49/1966 thematisierte die zwei Kollektivschaften Burebli und Sojenanntowitsch. In Rolfs Traum wird eine Mauer gebaut, weil das Schaf Burebli die Wiedervereinigung möchte und dafür die Zustimmung von allen anderen Tieren des westlichen Waldes bekommt. Das war eine stark vereinfachte Form der Wiedergabe der tatsächlichen Ereignisse. Bevor es nämlich 1961 zum Mauerbau kam hatte Rußland insgesamt drei Jahre lang darauf hingearbeitet, daß die DDR als eigenständiger Staat anerkannt werden sollte. Die Russen wollten aus West-Berlin eine freie und entmilitarisierte Stadt machen. Mari glaubte, daß Chruschtschow mit diesem Vorschlag die Anerkennung der DDR erzwingen wollte und West-Berlin als Symbol des wirtschaftlichen Erfolges zu beseitigen suchte. Die Antwort der Schutzmächte, allen voran die Amerikaner, war ein klares Nein. Dann suchte Moskau eine Neutralisierung und Entmilitarisierung Deutschlands und die Wiederzulassung der seit August '56 verbotenen KPD. Aber auch diese Vorstöße wurden abgelehnt. Strickt gegen die russischen Pläne war der neu gewählte US-Präsident Kennedy. Die krisenhafte Zuspitzung in den Beziehungen der Supermächte blieb den Bewohnern der Ostzone nicht verborgen. Täglich verließen bis zu 2000 Menschen den SED-Staat, darunter unersetzbare Arbeitskräfte und Fachleute. Es gab nur einen Weg das Ausbluten des Landes zu verhindern: Im August 1961 entstand die Mauer...

    TIP TOP 49:
    Liebe Freunde!
    Nach dem Gesetz des großen Waldes wurde das
    Schaf, das dem braunen Wolf gefolgt war hinge-
    richtet. Es hinterließ zwei unschuldige Schäflein.
    Das Kamel vom Westen übernahm lachend die
    Vormundschaft für das erste, der rote Bär vom
    Osten des Waldes die für das zweite. Unter der
    eifersüchtigen Bewachung der Stiefväter wuchsen
    die beiden Schafe friedlich nebeneinander heran,
    und niemanden verwunderte es, daß dem einen
    ein rotes und dem anderen ein schwarzes Fell
    sproß.
    Das schwarze, Burebli, wurde zu einem wahren
    Wunderschaf aufgepäppelt. Bald hatte es mäch-
    tige Spielgefährten gefunden. Es blökte in den
    freundlichsten Tönen mit dem Hahn Gallikeri,
    dem Löwen Gentelmani und so manchem anderen
    des westlichen Waldes.
    Das rote Schäflein dagegen ward kärglich erzogen
    und erhielt als Vatersöhnchen den Spitznamen:
    Sojenanntowitsch.
    Eines Tages besann sich Burebli der ehrwürdigen
    Tradition seiner Großväter und blökte beim
    abendlichen Grasrupfen: "Liebes Kamel, liebe
    Freunde! Wer ist der reifere und der ältere von
    uns Brüdern?“ „Natürlich you!“ kam die Antwort
    im Chor zurück. „Dann werde ich mich an Vaters
    Stelle um die Familie sorgen!“ sagte stolz das
    Schaf. „Why, warum?“ fragte das Kamel. „Weil
    mir und Sojenanntowitsch die Weidegründe ge-
    meinsam gehören!“ Alle Tiere des westlichen
    Waldes pflichteten Burebli bei und bald war sein
    Stolz jm ganzen Walde bekannt.
    Das verärgerte den roten Bären so sehr, daß er
    einen gewaltigen Zaun zwischen seinem Lieb-
    lingsschaf und Burebli aufrichten ließ. Dem
    Kamel war dies nur recht — es hatte seine Ruhe.
    Für Burebli war die Lage noch nie so ernst
    gewesen. Es verlangte Vollmachten, von dem
    Herrn Stiefpapa. Doch das Kamel hatte zur Zeit
    ganz andere' Sorgen. Erst als es dem Bären ein-
    fiel, daß er den Zaun noch viel weiter nach Westen
    hätte setzen müssen und das Schaf Burebli mit
    dem braunen Wolf zu vergleichen begann, gab
    das Kamel zornige Schreie von sich. Beinahe wäre
    es sogar zu einem tödlichen Kampf gekommen,
    aber das Kamel und der Bär sagten sich recht-
    zeitig: Es lohnt doch nicht, um Schafe zu streiten.
    Also befahl jeder der beiden sein Schaf zu sich
    und sprach: „Mein liebes Schaf! Du darfst dich
    selbstverständlich wieder mit deinem Bruder
    zusammentun. Du brauchst nur zu versprechen,
    immer das zu tun, was ich will!“ Burebli und
    Sojenanntowitsch versprachen es, und wenn der
    Zaun noch nicht verfault ist, dann steht er gewiß
    noch heute.
    Herzlichst
    Euer Rolf
    Im TIP TOP-Magazin 50/1966 beschreibt Rolf, daß trotz des mächtigen Frostes die Weiden im Westen wieder ergrünten. Die Schafe aber lebten über ihre Verhältnisse und der Ruf des Leithammels zur Zurückhaltung blieb ungehört. Kaukas Befürchtungen sollten sich nicht bewahrheiten. Deutschland kam mit Hilfe der USA schnell wieder auf die Beine und erlebte ein Wirtschaftswunder. 1955 gab es die Vollbeschäftigung, alle verließen sich auf grenzenloses Wachstum und die Forderungen von Interessengruppen aller Art wurden immer uferloser. Bundeskanzler Erhard hatte eine drohende Rezession vor Augen, daher sein Appel zur Zurückhaltung. Erst 1965 sollte es tatsächlich in den Keller gehen. Die Inlandsnachfrage an Gütern sank, die Zahl der Arbeitslosen erreichte die 400.000-Marke. Bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen verliert die CDU viele Stimmen, die der SPD zugute kommen. Später wechselt die FDP den Koalitionspartner und schlägt sich auf die Seite der SPD. CDU-Kanzler Erhard hat die Mehrheit verloren.

    In TIP TOP 51/1966 schreibt Rolf über den Leithammel, der von allen alleine gelassen wird mit kaum versteckter Bewunderung. Auf die Frage, ob er noch zum Anführer tauge, verläßt der Leithammel die Wiese, um bei den Pinschern und Uhus Rat zu suchen. Diesen Qpfergang empfand Kauka als charakterliche Größe. Auch das zuvor gebrauchte Schlagwort „Schauprozeß“ ist ein von Erhard zu dieser Zeit gemachtes Zitat. In einer falsch aufgefaßten Regierungserklärung vom 10.11.1965 verärgert Ludwig Erhard die Schriftsteller und Intellektuellen mit dem Wort „Pinscher“. Nach der ersten bedrohlichen Rezession von 1966, als es zur Koalition SPD/FDP kommt und im Bundestag die
    Vertrauensfrage gestellt werden soll, lehnt er es ab „...an diesem Schauprozeß teilzunehmen...“. Was Kauka zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen konnte, nach nur einem Monat Minderheitsregierung tritt Erhard am 30.11.1966 zurück.

    TIP TOP 51:
    Liebe Freunde!
    Ein junges Oberschaf ließ sich in Leithammelpose
    fotografieren, auch sonst nahm es sich viel heraus.
    Dem Leithammel mißhagte dies und er sprach:
    „Ich bin euer Leithammel, da ihr mich zu einem
    solchen gewählt habt. So habe ich das alleinige
    Recht, euch zu führen.“
    Einige herumgrasende Schafe blökten Beifall,
    andere meckerten: „Eigentlich bist du nie ein ech-
    tes Führungsschaf gewesen. Du bist eher ein
    Küchenschaf!“ Da wetzte der Leithammel die
    Stummel seiner Hörner auf der Grasnarbe: „Ihr
    wollt mich wohl als Opferlamm für die nicht mehr
    grünen Wiesen — einen Schauprozeß mit mir
    machen?“ „Nein, nein!“ beschwichtigten ihn seine
    Schäflein. „Wir wollen nur all unsere Weiden
    wiederhaben, hier die im westlichen Wald und
    die dort drüben von unserem Bruder Sojenannto-
    witsch!“ „Wenn das so ist“, murmelte daraufhin
    der Leithammel, „dann braucht ihr mich ja nicht
    zu opfern. Ich bin nämlich der selben Meinung wie
    ihr.“ Da sträubte sich seinen Oberschafen die
    Wolle: „Du warst lange genug Leithammel. Das ist
    es! — Daß du willst, was wir wollen, wissen wir.
    Aber da du ein Küchenschaf bist und nicht kannst,
    wie wir wollen, soll dich einer von uns ablösen!“
    Auch die Schafe des linken westlichen Waldes
    kamen angehoppelt und fragten: „Taugst du
    eigentlich noch als Leithammel?“ Da verstand der
    arme, tapfere Leithammel gar nichts mehr und
    verließ hängenden Kopfes die Wiese des Schaf-
    palavers: „Ich gehe jetzt zu den Pinschern und
    Uhus. Vielleicht können sie mir all das erklären.“
    Für das gedemütigte Schaf wurde dieser Weg zu
    dem schwersten seines Lebens, denn die Pinscher
    und Uhus hatten sich tief im Wald versteckt, da er
    sie einmal aufs Arge beschimpft hatte. Sollte er
    von ihnen dennoch einen Rat erhalten haben,
    wird er wenigstens als ein großer Leithammel
    a. D. in die Geschichte der Schafe eingehen.
    Herzlichst
    Euer Rolf
    Große Befürchtungen von Rolf Kauka beinhaltete der Artikel in TIP TOP 52/1966. Mit der Mär, daß die Schafe nur solange Freunde hätten, wie sie großzügig seien. Jetzt, wo es bergab gingen, so vermutete Kauka, würden sich alle anderen zurückziehen. Er sah Deutschland schon isoliert und von den EG-Partnern im Stich gelassen.

    Dann erscheint in TipTop 53/1966 der letzte Polit-Artikel. In der Schafgeschichte dieser Ausgabe geht es um das derzeitige Präsidialschaf und sein Wirken. So beschreibt Kauka ihn als ein niedliches und weißhaariges Schaf, dessen angetrautes Weib gewichtig einher hoppele. Weil das Ehe-Schaf des Präsidialschafes so wichtig tue, koste es auch viel. Gerade bei Reisen, von denen unnötigerweise gerade eine ins Land der Kakteen und Sombreros führte. Peinlich führte sich das Präsidialschaf auf, wenn es allein auftrat. Dann blökte es aus seinem Mund „Sauerland, Saueriand!“ Gemeint war mit diesem bösen Vergleich der Bundespräsident Heinrich Lübke, der bis 1969 die Bundesrepublik repräsentierte. Bekanntlich war Lübke nicht sonderlich wortgewandt und regte zuweilen mit seinen Aussagen zum Schmunzeln an. Lübke selbst störten die kleinen Ausrutscher kaum, trotz seines hohen Amtes blieb er ein Mann des Volkes. Selbstverständlich war es für ihn, daß seine Frau ihn bei Auslandsreisen begleitete. Gerade diese Reisen störten Kauka, der nicht einsehen konnte, daß in schlechten Zeiten soviel Geld dafür ausgegeben wurde.

    Insgesamt betrachtet waren die kleinen Fabeln Kaukas Stammtisch-Geplauder ohne tiefere Inhalte. Amüsant und zuweilen auch entlarvend zu lesen aus der Distanz der Jahre.

    Übrigens, guten Gewissens kann ich ein lesenswertes Geschichtsbuch über Deutschlands Nachkriegs-Historie empfehlen: Abenteuer Bundesrepublik von Ulrich Harbecke aus dem Bastei Verlag.

    Fortsetzung folgt...
    Geändert von nc-schmitt (20.12.2019 um 17:42 Uhr)
    Herzliche Grüße
    nc

  7. #7
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    Kanntest du eigentlich auch diesen Blogbericht ?
    http://comickritik.de/2017/08/16/fix...rieg/#more-627
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  8. #8
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    Teil 3

    Präsident Rolf

    Es ist ein großer Unterschied, ob man nur seine Meinung öffentlich kundtut oder ob man den Willen hat, die Massen so zu manipulieren, dass sie tun, was man möchte. Gerade letzteres beinhaltet meist den Aspekt des Mißbrauches.
    Aber es kann auch etwas Positives dabei herauskommen. Eine echte Gratwanderung.

    In FIX UND FOXI 580/1967 beschwerte Rolf sich über die Ausgabenpolitik des Staates, der die Kinder am wenigsten berücksichtigt. Kauka empörte sich darüber, daß es keine Schul-Omnibusse gäbe und daß „jährlich viele hundert Kinder auf dem Weg zur Schule oder nach Hause durch Verkehrsunfälle sterben.
    ... Aber was tut Vater Staat für Euch? Nichts! (...) Eure Eltern zahlen alle hohe Steuern, warum sollte davon nicht ein Teil für Euch verwendet werden?" Mit diesen Überlegungen löste Kauka wieder eine riesige Briefflut aus. Einige Zuschriften wurden in Ausgabe 589/1967 auf Seite 31 mit einer Redaktionserklärung abgedruckt. In dieser Erklärung dankte Rolf für die vielen Vorschläge und sagte zu, daß seine Redaktion die Behörden zu den Problemen ansprechen würde. Aber trotz dieser Ankündigung hörte man später nichts mehr von dieser Aktion. Anscheinend war man durch die heftige Reaktion der Leser überfordert und ließ das Thema einschlafen. Aber eineinhalb Jahre später, in FIX UND FOXI 50/1968 des 16. Jahrgangs, folgte eine neue, diesmal unverfänglichere Aktion.
    Da abzusehen war, daß das Amt des Bundespräsidenten bald neu zu besetzen sei, rief Rolf seine Leserschaft auf, eine geeignete Person für das Amt zu benennen. Außerdem stellte Rolf die Frage, „Was gefällt euch nicht in der BRD?"
    Hatte Kauka nichts aus dem Bundeskanzler-Aufruf gelernt, als eine Briefflut die Redaktion überschwemmte? Würden auch jetzt wieder Tausende schreiben?
    In Heft 3/1969 des 17. Jahrgangs wurden die ersten zwei Leserbriefe veröffentlicht. Der eine sprach sich für den Physiker Otto Hahn (bereits 1966 verstorben) aus, der andere wollte KNOX!
    In FIX UND FOXI Nr. 7 und 8 kam noch mal Je ein Leserbrief zum Abdruck. Die beiden Briefschreiber schlugen diesmal Ernst Benda vor (damaliger Bundesinnenminister, ab 1971 bis 1983 Präsident des Bundesverfassungsgerichts).
    Außerdem wurde der Wunsch nach Anerkennung der DDR geäußert.
    Die Bürger sollten aus ihrem Wohlstandsschlaf aufgeweckt werden, forderte ein Leser, und die Herren aus dem Kultusministerium müßten wieder zur Schule gehen.
    So verlief dieses zündende Thema, von dem man eigentlich mehr erwarten könnte, mit wenigen Antwortbriefen still aus... Eine gewisse Leser-Resonanz muß trotzdem erkennbar gewesen sein. War sich Rolf Kauka dem Potential bewußt, das zu wecken möglich sein konnte? War die Entwicklung des folgenden Aufrufs tatsächlich kühl kalkuliert oder eher ein Zufallsprodukt?
    Wie dem auch sei, und so startete mit FIX UND FOXI Nr. 17/1969 die Aktion
    „Bambi darf nicht sterben!“.

    Zunächst erklärte Rolf polemisch das Problem. In gereizter Tonart weckte er das Interesse seiner Leser für dieses Thema:
    „Bambi soll ermordet werden! In den Isarauen des Landkreises Freising sollen alle Hirsche totgeschossen werden. Alte und Junge, Muttertiere und Hirschkälber, geliebt von der Bevölkerung und gehegt von der Jägerschaft. Sie könnten weiterleben, wenn der neue Minister den Ausrottungsbefehl zurücknimmt. Bambi darf nicht sterben! Helft alle mit!“

    Hat München,
    die Weltstadt mit
    Herz, kein Herz
    für Tiere?

    Bambi soll ermordet werden!

    Liebe Freunde!
    Ja, Ihr habt richtig gelesen - nördlich von München -
    in den Isarauen des Landkreises Freising, sollen alle
    Hirsche totgeschossen werden. So will es das Mini-
    sterium für Landwirtschaft und Forsten. So hat es
    der alte Minister Hundhammer angeordnet. Jetzt ist
    ein neuer Minister da! Aber der Ausrottungsbefehl
    besteht noch immer.
    In dem betroffenen Gebiet stehen etwa 150 Hirsche.
    Alte und junge, Muttertiere und Hirschkälber. Das
    Rotwild lebt dort seit vielen hundert Jahren - geliebt
    von der Bevölkerung und gehegt von der Jäger-
    schaft. In die dichten Auwälder der Isar haben sich
    die Hirsche zurückgezogen, weil die immer größer
    werdende Stadt München die Tiere vertreibt. Wenn
    eine Stadt wächst — ist das nicht zu ändern. Der
    Befehl aber, die Tiere in ihrer letzten Zuflucht abzu-
    schießen - das ist zu ändern!
    Die Freisinger Jäger haben sich standhaft geweigert,
    das Rotwild zu töten. Es wird ihnen aber nicht viel
    helfen — die Behörde setzt dann Beamte ein - und
    die müssen schießen... schießen, bis der letzte
    Hirsch tot ist!
    Noch ist es nicht zu spät. Noch können die Hirsche
    gerettet werden. Sie können weiterleben, wenn der
    neue Minister den Ausrottungsbefehl zurücknimmt.
    Bambi darf nickt sterben!
    Helft alle mit!

    Bittet den Minister, die Hirsche im Freisinger Gebiet
    leben zu lassen und die Anordnung seines Vorgän-
    gers aufzuheben. Der neue Minister, Herr Dr. Hans
    Eisenmann, hat ein Herz für die Jugend — er wird
    sich Eurer Bitte nicht verschließen.
    Damit der Minister auch die Post bekommt, schreibt
    an
    Herrn Amtmann Lipp
    für Herrn Minister Dr. Eisenmann
    6050 Freising
    Landratsamt.
    Wenn ihr helfen wollt, setzt Euch sofort hin und
    schreibt dem Minister. Ihr habt es mit in der Hand,
    ob die Hirsche gerettet werden.
    Herzlichst
    Euer Rolf
    Die Kinder wurden dann aufgefordert an eine bestimmte Adresse ihren Protest zu schicken. In FIX UND FOXI Heft 18/1969 wetterte Kauka wieder gegen „...diesen Ausrottungsbefehl gegen den Willen der Bevölkerung. Auf der einen Seite wird
    Geld gesammelt, um den Wildbestand in Afrika zu erhalten - und bei uns soll edelstes Wild abgeknallt werden.“


    Schon in Ausgabe 19/1969 wurden die ersten Leserbriefe von wütenden Kindern abgedruckt.
    Und weil man hier einen Akt von Behördenwillkür vermutete, erschien in Heft 22/1969 eine nette Geschichte, in der sich jemand mit Gemeinderatsmitgliedern gestritten hatte und die Hälfte der Amtsmänner als Idioten bezeichnet hatte. Vor Gericht wurde er verurteilt diese Behauptung zurückzunehmen. Er tat das mit den Worten: „Ich erkläre ausdrücklich, daß die Hälfte der Gemeinderatsmitglieder keine Idioten sind...“
    Rolf wollte damit sagen, daß man sich mit Pfiffigkeit auch gegen die Obrigkeit behaupten kann und sogar die Lacher auf seiner Seite hat.

    In Nummer 23/1969 veröffentlichte Rolf noch mehr Briefe zum Thema Bambi und die freudige Nachricht, daß die Anordnung zurückgezogen wurde. „Uber 500 Briefe stapeln sich im Landratsamt Freising!“
    Der zuständige Staatsminister beruhigte in Briefen die erregten Kinder - Bambi darf leben!

    Liebe Freundinnen!
    Liebe Freunde!

    Daß Eure Briefaktion „Bambi darf nicht sterben" ein rie-
    sengroßer Erfolg war — davon habe ich Euch Im letzten
    Heft berichtet. Noch ist die Aktion nicht beendet, aber
    eins steht schon heute fest:
    BAMBI WIRD NICHT STERBEN!
    So hat es der bayerische Landwirtschaftsminister Dr.
    Eisenmann bestimmt!
    Nicht nur Im Landratsamt von Freising stapeln sich die
    Briefe, die Immer den gleichen Inhalt haben: Laßt die
    Hirsche in den Isarauen nördlich von München am
    Leben! Auch bei mir flattern täglich Dutzende von Karten,
    Briefen, ja sogar Telegramme auf den Schreibtisch. Da
    meint zum Beispiel eine Leserin aus Essen:

    „... was haben diese armen Tiere eigentlich verbrochen?
    Nichts! Nein, und nochmals nein! Sie dürfen nicht abge-
    schossen werden. Gleich habe Ich habe mich hingesetzt und
    an den Minister geschrieben.“

    Heidi Hammacher, 43 Essen 1, Papestr. 62

    "... in jedem Schulbuch steht es zu lesen, daß wir Men-
    schen die Tiere achten und schützen sollen. Unser Leh-
    rer sagt es Immer wieder. Wie kann da ein Minister an-
    ordnen, daß die Hirsche bei München völlig ausgerottet
    werden sollen?! Ich finde das verbrecherisch. Gut, daß
    der neue Minister anscheinend einsichtiger ist als sein
    Vorgänger.

    Petra Brinkmann, 5 Köln-Marienburg

    „... möchte Ich Dir ein großes Lob erteilen. Ich habe
    mich sehr gefreut, daß Du den Lesern die Gelegenheit
    gegeben hast, ein Rudel Hirsche vor dem Tode zu retten.
    Ich habe dem Herrn Minister natürlich sofort geschrieben,
    und ich hoffe, daß viele Leser das Gleiche tun werden.
    Ich liebe nämlich Tiere sehr und möchte gern zu der
    Rettung der Hirsche beitragen.“
    Helmut Brinker, 4044 Kaarst, Rubensstr.8


    Vor allem aber richtet der Kreisverwaltungsrat von Frei-
    sing, Herr Amtmann Lipp, eine Grußbotschaft an Euch,
    die Ich Euch nicht vorenthalten möchte. Hier Ist sie:

    Liebe Bambifreunde!
    Euer Rolf hat In den Nummern 17 und 18 von Fix und
    Foxi über die Gefahren geschrieben, die dem Rotwild in
    den Isarauen nördlich von München drohen. Zugleich
    hat er Euch aufgefordert, Euren Standpunkt zur Aus-
    rottung des Rotwildes in diesem Gebiet darzulegen und
    über mich an den neuen Bayer. Landwirtschaftsminister
    Dr. Eisenmann zu schreiben.
    Es sind nun beim Landratsamt Freising weit über 500
    Briefe eingelaufen, und ich habe mehrere Abende damit
    verbracht, Eure Briefe zu öffnen, zu lesen und für die
    Weiterleitung an Herrn Minister Dr. Eisenmann vorzube-
    reiten. Es Ist mir ein Bedürfnis, Euch zu sagen, daB mich
    Eure Briefe sehr gefreut haben und daB ich dafür sorgen
    werde, daß der Bayer. Landwirtschaftsminister Dr. Eisen-
    mann alle Eure Briete erhält.
    Aus allen Brieten Ist Eure Sorge um das Rotwild in den
    Isarauen nördlich von München zu lesen, und man kann
    aus Euren Zeilen geradezu fühlen, wie sehr Euch die
    Erhaltung des Rotwildes am Herzen gelegen ist. Genau
    so denken und fühlen wir Jäger des Stadt- und Landkrei-
    ses Freising, zu denen, was Ihr wahrscheinlich nicht wis-
    sen werdet, auch Euer Roll gehört.
    Namens der Jäger möchte Ich Eurem Rolf und vor allem -
    Euch für die Aktion „Bambi darf nicht sterben“ herzlich
    danken. Ihr habt uns Jäger durch Eure Aktion kräftig
    unterstützt, und ich kann Euch die erfreuliche Mitteilung
    machen, daB die Besprechungen mit dem Herrn Minister
    Dr. Eisenmann günstig verlaufen und daß der Herr Mini-
    ster Bambi ebenso gern leben lassen will wie Ihr und die
    Jäger.

    (Anton Lipp)
    Kreisverwaltungsrat

    Liebe Freunde, ich glaube dieser Brief spricht für sich
    selbst! Was weiter mit den Freisinger Hirschen geschieht,
    erfahrt Ihr jede Woche in Fix und Foxi."
    Bis dahin herzlichst
    Euer Rolf
    Rolf erkannte erfreut, „...daß es durch Mut und Zivilcourage gelungen ist, die edlen Tiere vor dem Tod zu bewahren.“
    Kauka hatte mit dieser Aktion zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Einerseits prägte er mal wieder den Gemeinsinn der Leser und erhöhte damit die Bindung zum Magazin, andererseits nutzte er seinen Vertrauensbonus für die Mobilisierung der Massen. Kauka merkte wohl, daß seine große Leserschar ein lenkbares Instrument war. In FIX UND FOXI 24/1969 wurden wieder Leserbriefe abgedruckt, allerdings auch einer vom Kreisverwaltungsrat. Dieser schrieb diplomatisch: „...man, kann aus Euren Zeilen geradezu fühlen, wie sehr Euch die Erhaltung des Rotwildes am Herzen liegt. Genauso denken und fühlen wir Jäger des Stadt- und Landkreises Freising, zu denen, was ihr
    wahrscheinlich nicht wissen werdet, auch Euer Rolf gehört.“

    Nun war die Katze aus dem Sack: Kauka hatte die Aktion offensichtlich nicht uneigennützig ins Leben gerufen. Als Mitglied des Jäger- und Förstervereins hatte er ein elementares Interesse am Verlauf der Aktion. Zu Kaukas Ehrenrettung muß man allerdings sagen - er stand zu seiner Mitgliedschaft und druckte den Brief des Kreisverwaltungsrates ungekürzt ab.

    Offensichtlich war Rolf in seinen Aktionen der Zeit weit voraus: Schon damals, als der Umweltgedanke noch nicht in aller Munde war, riet er zum sorgsamen Umgang mit der Natur und rief auf zum Widerstand gegen Umweltzerstörer. Er riet seinen jungen Lesern, Organisationen beizutreten und Aktionen zu organisieren. Statt Artikel wurden dann noch einige Leserbriefe in den Ausgaben 30 und 31/1969 abgedruckt, und in Heft 36/1969 reifte dann die Idee zum großen FIX UND FOXI Wildrangerclub.

    Die ungeheure Resonanz, wenn es um Tiere und Umwelt geht, ließ hoffen. Sicherlich konnte man den Bogen weiter spannen. In Heft 45/1969 schrieb ein Leser, „Durch die Seite 2 hat man das Gefühl zu einer großen Familie zu gehören.“
    Also forcierte Rolf den Wildrangerclub,
    - entwarf eine Plakette (40/1969),
    - setzte sich selbst zum Präsidenten ein (39/1969),
    - druckte spezielle Pässe (41/1969),
    - gab die 8 Gebote bekannt (43/1969) und
    - richtete die Artikel und die Leserbriefe gezielt auf dieses Thema aus.
    Zusätzliche Tips und Bastelanleitungen kamen dazu. Das ging ein halbes Jahr lang gut, dann war die Luft raus. Es folgten Aktionen wie: Aktion rettet die gute Laune oder Aktion Leser schreiben für Leser. Das engagierte FIX UND FOXI-Magazin wandelte sich unter dem wieder neu hinzugekommenen Chefredakteur Peter Wiechmann zum reinen Unterhaltungsmagazin ohne Tiefgang. Ab Nummer 20/1970 wird die Leserbriefspalte abgeschafft und ab Heft 36/1970 fällt die langjährige Kolumne „Schreiben bringt Freunde“ weg. Das Heft wandte sich nun vornehmlich an ältere Kinder.

    Obwohl Rolf Kauka stets informiert war, was in und um das FIX UND FOXI-Heft läuft, übernahm die Redaktion immer mehr die Artikel. Und so ist es Peter Wiechmann, der im Namen von Rolf zu der nächsten Aktion aufruft. (So zu lesen in Peter Wiechmann's KAUKA-CHRONIK in der SPRECHBLASE 186, Seite 36 bis 37.)
    Es ging um ein Thema, das alle anging, zu dem jeder eine Meinung hatte, das jedem am Herzen lag und durch die Medien, wie Funk und Fernsehen, in aller Munde war. Und weil es alle in diesem Land betraf, ganz gleich ob jung oder alt, konnte man sich sicher sein, daß dadurch die Solidarität und das Zusammengehörigkeitsgefühl gefördert wurde.

    Also wurde 1972 die Aktion U initiiert. Diese Kampagne sollte letztlich der Höhepunkt und zugleich der Abschluß von Rolf Kaukas Engagements überhaupt sein. Das U steht für Umweltschutz. Um die Bedeutung dieser Umweltschutzaktion zu unterstreichen und den Kindern zu zeigen, wie wichtig ihr Beitrag ist, wurden Briefe von Bekannten Prominenten und Politikern mit zustimmenden Inhalt abgedruckt. Die kleinen Leser sollten dadurch eine Bestätigung ihres Handelns und Anerkennung durch namhafte Erwachsene bekommen. Kinder - das war Kauka sehr wohl klar - schätzen es nicht, wie Kinder behandelt, sondern von Erwachsenen gleichberechtigt angesehen zu werden. Und gelobt wird doch nun wirklich jeder gerne, oder?

    Der Aufruf zur Aktion U kam in der FIX UND FOXI-Ausgabe Nummer 16/1972 des 20. Jahrgangs. Schon zwei Hefte später wurde ein anerkennendes Telegramm des damaligen Innenministers Genscher abgedruckt.
    Der Zoologe und Tierfilmer Bernhard Grzimek, Moderator der beliebten Fernseh-Sendung "Ein Platz für Tiere" schrieb in FIX UND FOXI 24/1972, sowie der Bundeskanzler Willy Brandt (38/1972). Schon in Heft 19/1972 forcierte Rolf im Interesse der Natur einen Katalysator für Autos. Und das bereits 15 Jahre bevor die ersten Autos tatsächlich mit Kat ausgestattet wurden. Damit war er seiner Zeit kräftig voraus. In diesem Heft stellte er auch einen Plan auf, der eine ernsthafte Organisation des Problems Umweltschutz vermuten läßt. Zuerst sollten Flüsse beobachtet werden, dann Schrottautos ausfindig gemacht werden und schließlich Luftverpester bei einer zuständigen Behörde angezeigt werden.

    Kauka hatte diese Aktion, die sich über mehrere Wochen hinzog, gründlich vorbereitet. Dafür gebührt ihm heute noch unsere Hochachtung. Gehörte er doch zu den Wegbereitern, die Ende der 70er Jahre einen Umdenkungsprozeß in der Bevölkerung eingeleitet haben. Mit dieser großen Aktion beendete Rolf dann seinen über 15 Jahre dauernden Einsatz. Eine Steigerung wäre auch kaum noch möglich gewesen.

    Ab Heft 43/1972 kam die Aktion Nakuru (ein Reservat in Afrika), aber das war dann eine eher halbherzige Angelegenheit.
    1973 schrieb Rolf wieder einige aussagekräftige Artikel, unter anderem appellierte er in Heft 39/1973 dafür, ausländischen Schulkameraden zu helfen und für Jugendliche aus anderen Ländern Verständnis und Freundschaft aufzubringen.
    Auch mit dieser Gesellschafts-politischen Aussage war Rolf seiner Zeit voraus. Niemand dachte 1973 an die zukünftigen Auswirkungen von Fremdenhaß, Anschläge auf Asylbewerberunterkünfte oder Feuer-Terror gegen Ausländer. Niemand konnte damals ahnen, daß Deutsche sich Jahre später in rechten Gruppen organisieren und Ausländer gezielt mit Haß verfolgen würden.

    Im Jahre 1973 verkaufte Kauka seinen Verlag an ein holländisch-englisches Konsortium. Bis 1975 betreute er das FIX UND FOXI-Heft weiterhin redaktionell, allerdings beschäftigten sich die Artikel nur noch mit dem Inhalt des Magazins. Welche in dieser Zeit geschriebenen Vorworte nun tatsächlich von ihm selbst stammten, oder in seinem Namen von der Redaktion verfasst wurden, läßt sich kaum noch klären.
    Dann kam sein und Peter Wiechmanns Zwischenspiel bei dem Koralle-Magazin ZACK - doch das ist eine andere Geschichte.

    Wenn in den Ausführungen auch manch Negatives angesprochen wurde, so schmälert dies nicht die Bewunderung im Gesamtbild von Rolf Kauka.

    Es bleibt Fakt, daß er den Dialog und die Auseinandersetzung mit seiner Leserschaft gesucht hat. Dabei nahm er sie ernst und behandelte sie wie kleine Erwachsene. Er half mit Rat und Lebensweisheiten und machte keinen Hehl daraus, das er seine Hoffnungen auf eine bessere Zukunft in den Kindern sah.


    E N D E
    Geändert von nc-schmitt (08.01.2020 um 13:07 Uhr)
    Herzliche Grüße
    nc

  9. #9
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    Lieber nc-schmitt,
    auch von mir vielen Dank für diese ausführliche Darstellung. Ich selber habe die Aktion U als Kind mitbekommen und hatte so ein gutes Gefühl zu einer Gemeinschaft dazuzugehören (was bei den redaktionellen Seiten des MM-Heftes mit seinem Chef-Reporter Flix nicht genauso gut klappte, vermute ich.). Neidisch war ich auf alle, die schon früher zu "Wildrangerclubs" gehörten, allein der Name klang ja irgendwie abenteuerlich, jetzt bin ich erstaunt bei Dir zu lesen, dass dieser Club nur etwa ein halbes Jahr bei FF Thema war. Auf jeden Fall machte das damals großen Eindruck auf mich. Peter Wiechmann schreibt übrigens in seiner großen Sprechblasen-Serie in der 10.Folge, dass er die Aktion U (unter Rolfs Namen) initiiert hat, das die Müllbilder im Heft nicht bei allen Redakteuren gut ankam, R.K. aber Wiechmann in Schutz nahm.

  10. #10
    Mitglied Avatar von Zardoz
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    @nc-schmitt
    Ich war nie Fan von Fix und Foxi und werde es wohl auch nicht mehr werden. In diesen Bereich des CF bin ich eher aus Zufall gestolpert. Aber Deine Serie hat mich gefesselt. Wirklich sehr interessant und informativ! Vielen Dank dafür!

  11. #11
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    Zitat Zitat von Timpauli Beitrag anzeigen
    Lieber nc-schmitt,
    auch von mir vielen Dank für diese ausführliche Darstellung. Ich selber habe die Aktion U als Kind mitbekommen und hatte so ein gutes Gefühl zu einer Gemeinschaft dazuzugehören (was bei den redaktionellen Seiten des MM-Heftes mit seinem Chef-Reporter Flix nicht genauso gut klappte, vermute ich.). Neidisch war ich auf alle, die schon früher zu "Wildrangerclubs" gehörten, allein der Name klang ja irgendwie abenteuerlich, jetzt bin ich erstaunt bei Dir zu lesen, dass dieser Club nur etwa ein halbes Jahr bei FF Thema war. Auf jeden Fall machte das damals großen Eindruck auf mich. Peter Wiechmann schreibt übrigens in seiner großen Sprechblasen-Serie in der 10.Folge, dass er die Aktion U (unter Rolfs Namen) initiiert hat, das die Müllbilder im Heft nicht bei allen Redakteuren gut ankam, R.K. aber Wiechmann in Schutz nahm.
    Herzlichen Dank für diesen Hinweis.
    Ich habe es gerade entsprechend abgeändert.
    Als ich den obigen Artikel erstmals schrieb, war das Ende der 90er Jahre. Ich hatte vergessen, die Infos aus der SPRECHBLASE zu berücksichtigen.

    "Wildranger" war damals eine heiß begehrte Bezeichnung, zumal ja im Fernsehen der DAKTARI lief mit seinen exotischen und spannenden Abenteuern. (so zumindest als Kind empfunden)
    Geändert von nc-schmitt (08.01.2020 um 13:13 Uhr)
    Herzliche Grüße
    nc

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