Lieber NC-Schmidt,
erstmal ein großes Danke für deine sehr ausfürlichen Darlegungen. Über Geschmack lässt sich nicht streiten und man kann guten Rechts fragen, warum erfolgreiche "Trivial"-Kunst die sehr viele Menschen erreicht und für einen kleinen Moment Glücklich macht, etwas schlechteres sein soll, als eine Kunst, die kaum jemand mag und sie sich selbst in der Abgrenzung zum Massengeschmack als etwas besseres wahrnimmt. Liegt die wahre Kunst nicht darin, viele Menschen zu begeistern? Von der Musik wissen wir, dass der einfache Ohrwurm die wirkliche Herausforderung ist und nicht per Knopfdruck einfach mal so produzierbar ist.
Ich gehe in vielen deiner Aussagen mit, insbesondere was die unterschiedlichen Wahrnehmungen als Kind und Erwachsener angeht, oder auch zu den dramaturgischen Richtlinien Rolf Kaukas. Eine etwas andere Wahrnehmung habe ich in Bezug auf das relative Sammler-Desinteresse. Zum einen gab es nie "das" Heft wie bei der Micky Maus mit einer starken Kontinuität der Charaktere, Zeichnungen und Art der Geschichten. Barks' in den 40er und 50er Jahren geschaffenes Universum ist selbst heute noch Maßgabe aller europäischen Micky- und Entengeschichten. Selbst die späteren Modernisierungen, die es in den USA gab, wurden konsequent in Europa ignoriert.
Märchenhafte, aus Tierfabeln abgeleitete, Geschichten bestimmten in den 50er Jahren das FF-Heft. Es kam zuerst inhaltlich wie zeichnerisch zu einem enormen Stilbruch in den 60ern, der eine dringend notwendige Modernisierung beinhaltete. In den 70ern entwickelte sich das FF-Heft zu einem Magazin, dass hauptsächlich franko-belgische Funnies und Semi-Funnies abdruckte. In den 80ern sich dann weitgehend wieder auf die wesentlichen Kauka-Charaktere konzentrierte. Insofern hat auch jeder von uns eine andere Meinung dazu, warum das FF-Heft gekauft wurde. Für dich und sicher viele Leser deiner Generation waren es, wie du ja schreibst, die ausländischen Reihen, die der primäre Kaufanreiz waren. Ich selbst bin mit FF um 1980/81 in Berührung gekommen und and Lupo und Co viel cooler als die Enten und Mäuse. Zu dieser Zeit gab es fast keine Lizenzreihen im Heft. Ich lernte diese später zwar zu einem großen Teil auch zu schätzen, aber der Kaufanreiz meiner Generation waren vor allem Charaktere aus dem FF-Universum. Auch empfand ich die Figuren nicht zu "jugendlich", eher Pauli schon zu niedlich. Ästhetisch komme ich mit dem Lupo der 80er wirklich besser klar als mit dem der 60er. Ich habe auch mehrfach erlebt bzw. auch von anderen gehört, dass die Ästhetik der Kinder sich mit jeder Generation mehr hin zu jugendlichen Themen entwickelt. So verschoben sich das Lesealter für Comics und auch für Jugendzeitschriften wie "Bravo" immer mehr nach unten, während die früheren Kinderthemen sich entsprechend ins Vorschulalter zurückziehen.
Kurz gesagt, ein wesentlicher Grund scheint mir zu sein, dass FF nicht die inhaltliche Kontinuität einer Micky Maus hatte. Das hatte auch strukturelle Ursachen, die zum zweiten Grund direkt übergehen:
Das Enten- und Mäuseuniversum war in seinem Kern schon weitgehend definiert, als die erste Micky Maus überhaupt in Deutschland erschien. Es stand ein globaler Mutterkonzern dahinter, der weltweit an Verlage lizensierte und der Standards entwickelte und vor allem auch kontrollierte, damit in verschiedenen Ländern einheitliche Comicgeschichten auf einen gewissen Qualitätslevel produziert werden konnten. Der Kaukaverlag (bzw. später VPM) dagegen war klein und quasi provinziell. Es gab keinen gigantischen Medienkonzern mit viel Geld dahinter und die Figuren mussten während des Erscheinens des Heftes weiterentwickelt werden. Es musste immer neu experimentiert werden. Spätestens mit der Krise des Comic-Kioskgeschäfts ab den 80er Jahren profitierte die MM eine Weile von einem riesigen globalen Mechandise mit TV-Serien, Filmen, Büchern und vielem mehr, sowie einer günstigeren Kostenstruktur zur Comicproduktion. Das waren alles enorme Vorteile gegenüber FF und den anderen Mitkonkurrenten. Es wurde immer schwerer, sich gegenüber eine Vielzahl von Konsumalternativen abzusetzen. Fix und Foxi hatten sich also nicht von ihrer Zielgruppe entfernt, sondern diese sich von Comics, die nicht die Macht eines riesigen Konzerns im Rückenwind hatten. Die späteren Comebackversuche in den 2000ern scheiterten früher oder später einfach daran, dass die jeweiligen Herausgeber kein Geld in die Hand nehmen wollten (oder konnten) und ohne großen medialen/merchandise-Rückenwind (wie beispielsweise bei Themen wie "Star Wars") solche Magazine auch vor 15 Jahren schon nicht mehr etablierbar waren.
Seine Sammler muss man sich auch heranzüchten. Das Disney-Universum war immer viel präsenter in der Öffentlichkeit und die Comicveröffentlichungen in Deutshcland waren viel kontinuierlicher als bei FF.
Aber da sieht man, wie unterschiedlich die Wahrnehmungen sind. Mir ist immer wieder aufgefallen, dass jeder FF-Fan seine Version von FF am besten findet , mit der er aufgewachsen ist
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