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Ergebnis 1 bis 6 von 6
  1. #1
    Mitglied Avatar von yoorro
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    Kivu / van Hamme / Simon

    Ich habe den Band heute in Ruhe gelesen. Ich weiß aber nicht wie ich den Band für mich einsortieren soll. Ein Comic der Aufrütteln will? Ein Comic der Unterhalten soll? Ein Comic der zu einer Demo aufruft? Ein Comic der um Hilfe ruft? Oder alles zusammen?
    Ich finde es sehr blauäugig in den Kongo zu gehen und keine Ahnung von dem Land, der Politik und scheinbar allem anderen zu haben. Daans macht das und der Punkt ist für mich unglaubwürdig. Man macht sich doch erst mal schlau über Land und Leute. Ich will jetzt nichts von der weiteren Story Preis geben. Die Bilder sprechen eine deutliche Sprache - aber übertreiben nicht. Finde ich genau richtig gemacht. Ich bin auf weitere Meinungen gespannt.

  2. #2
    Mitglied Avatar von PhoneBone
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    Ich kenne den Band jetzt nicht, aber zum Thema Blauäugigkeit: Ein Mädel in der Verwandtschaft hat nach der Schule beschlossen für ein halbes Jahr nach Nigeria zu gehen um dort im Krankenhaus zu helfen. Offensichtlich hatte sie sich null vorbereitet, da sie 2 Wochen (!) nach ihrer großen Abschiedsparty wieder zu Hause war, völlig entsetzt über die dortigen Zustände. Fließendes Wasser? Fehlanzeige.
    Das gibt es also tatsächlich. "Helfen" in Afrika wird gerne romantisiert und dort angekommen fällt man ganz schnell in die Realität, die keineswegs auch nur ansatzweise so romantisch ist, wie vorher angenommen.
    Geändert von PhoneBone (23.08.2019 um 07:14 Uhr)

  3. #3
    Mitglied Avatar von Zardoz
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    Gräueltaten, wie sie Kivu thematisiert, werden spätestens seit Blond Diamond mit DiCaprio oder Tränen der Sonne mit Willis in regelmäßigen Abständen auch in Spielfilmen gezeigt. Mein erster Comic, der die Folgen des ungezügelten Kapitalismus und Kolonialismus zeigt, das rücksichtslose Ausbeuten Afrikas durch internationale Konzerne, die Zerstörung der Umwelt, Kultur und Menschen zum Gegenstand hat, war Katanga (wenn ich einmal Africa Dreams außen vor lasse, der die Probleme auf etwas weniger drastische Art schildert). Im Gegensatz zu dessen eher cartoonhaften Funnystil, sind die Zeichnungen von Simon realistischer. Klarer, feiner Strich. Gesichter, Mimik, Ausdruck, Gefühle kommen sehr gut rüber. Die visuelle Umsetzung der brutalsten Szenen wie die Vergewaltigung und Verstümmelung der Frauen, das Abschlachten von alten Leuten und Babys in Gegenwart der Familien, die Versklavung von Frauen und Männer erspart uns der Comic. Von dem Grauen erfahren wir aus den Erzählungen der Protagonisten.
    Wenn solche Szenen aber erst einmal im Kopf sind, wird man sie so schnell nicht wieder los. Aus dem Herz der Finsternis gibt es kein Entkommen.

    Dieser Comic hat meine Achtung vor dem Nobelpreisträger Denis Mukwege nochmals gesteigert. Man kann nur erahnen, was solche Menschen leisten. Seine Arbeit als Arzt und Chirurg ist das eigentliche Thema des Bandes vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Ausbeutung der Ressourcen- derzeit Coltan - von Kivu, einer Provinz des Kongo, des Terrors bewaffneter Gruppen, die versuchen die einheimische Bevölkerung zu vertreiben, der "heimlichen" Zusammenarbeit von kongolesischen Militär und ruandischen Warlords, der allgegenwärtige Korruption und der ungezügelte Gewalt. Im Vordergrund werden die Erlebnisse des Mineningenieurs François Daans geschildert. Er wird von dem Chef eines großen Konzerns nach Kiu geschickt, angeblich um einen neuen Hauptproduktionsdirektor zu suchen und einzustellen. Dort angekommen wird er mit den örtlichen Verhältnissen konfrontiert und die Dinge entwickeln sich sehr schnell in eine von ihm nicht erwartete Richtung. In der Tat verhält er sich im Folgenden reichlich naiv, trotz seiner durchaus vorhandenen Kenntnisse vom Kongo (Seite 12, Panel unten rechts), was aus meiner Sicht dem Umstand geschuldet ist, dass das Geschehen angesichts des knappen Raums von lediglich 60 Seiten (+ Vor- und Nachwort) zwangsläufig verdichtet werden muss. Die Charaktere sind in gewisser Hinsicht Stereotypen. Neben den fiktiven Personen, dem klassischen Söldner ala Kongo-Müller, den Opfern, dem Konzernchef, usw., aber auch zahlreiche real existierende wie z.B. Denis Mukwege oder Guy-Bernard Cadiere. Auf diese Weise gelingt es Van Hamme, eine spannende Geschichte mit zahlreichen Actionelementen zu erzählen, und die Leser gleichzeitig zu sensibilisieren. Auch hier mein Tipp, das sehr informative Vorwort erst nach dem Comic zu lesen.

    Mich hat der Band einmal mehr wachgerüttelt und meinen Blick wieder auf die wesentliche Dinge geführt. Von mir eine unbedingte Leseempfehlung!

  4. #4
    CF Unterstützer Avatar von Gagel
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    Jetzt habe ich Kivu auch gelesen. wieder einmal kann ich der Einschätzung von Zardoz voll und ganz zustimmen.

  5. #5
    Mitglied Avatar von El Duderino
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    Habe den Band nun auch gelesen und stimme zu, der Band wühlt auf, auch wenn vieles nur von den Figuren erzählt wird und man von den richtig schaurigen Dingen eigentlich gar nichts wirklich sieht.
    Das ist aber wiederum ein wenig ein handwerklicher Nachteil, denn zu oft erfüllen die Figuren nur die Funktion eines Erklär Bären, genauso wie die Hauptfigur auch irgendwie die Figur des "White Saviors" einnimmt, auch wenn er zum Glück nicht so ein ausgefuchster Superheld ist, wie es Hollywood immer gern vorführt. Als Daans in Kivu ankommt, fragte ich mich schon, ob er denn auch mit einer Einheimischen ins Bett darf...natürlich durfte er noch, das gehört ja schließlich zu solch einer Geschichte dazu.

    Das ändert aber nichts an der dichten und flotten Erzählung und an den wirklich sehr starken Zeichnungen von van Hammew, die realistisch das Szenario wiedergeben und daher auch perfekt passen. Mit einem etwas zu cartoonigeren Stil würde die ganze Erzählung nicht mehr so stark schockieren.

    Ein richtig guter Band, der gewisse Dinge aufzeigt, die man als Mitteleuropäer vielleicht eher weniger gern hört und sieht.

    Zitat Zitat von Zardoz Beitrag anzeigen
    Auch hier mein Tipp, das sehr informative Vorwort erst nach dem Comic zu lesen.
    Das mach ich inzwischen eigentlich bei jedem Band. Meist ist es ja so, dass in den Vorwörter genau auf einzelne Szenen der Geschichte eingegangen wird, davon hat man dann eh nix, wenn man den Inhalt noch nicht einmal kennt.

  6. #6
    Mitglied Avatar von Huckybear
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    Comic-Thriller „Kivu“ Der Retter von Bukavu
    https://www.tagesspiegel.de/kultur/c.../25373852.html
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