Sie hatte den Schwerpunkt zu frontal
gelegt; in ihrem frigidem Gelände schwebte
das Rätselhafte ausgeklammert
über ihrer mathematischen Formel.
Das Geheimnisvolle nannte sie Unwissen,
ihren Blick unvermögend, verstellt
auf das vermeintlich Verlässliche, fühlte sie
sich seßhaft auf dem Kopf des Tigers, von
dortaus wollte sie die Welt beherrschen,
hatte ihrem Sohn ein Mastermind-Spiel
gekauft, damit sollte er alle großen
Nachbarjungen schlagen. Ich war einer
davon und wir waren zum zweiten
Geburtstag des Jungen zu Gast.
Seine Mutter hatte das Spiel auf den
Tisch gestellt, jedoch fehlte die Hälfte.
Kurz darauf kam der Knabe mit
seinem Nachttöpfchen daher, zeigte
uns sein kunterbuntes Geschäft,
mit sämtlichen Kleinteilen darin.
“Dummheit frisst!” platzte es heraus aus
dem gefräßigen Maul von Max Schulze.
Es wurde hämisch gelacht; auch der
kleine Mann grinste, sah sehr zufrieden
aus, ein Lächeln wie immer, wenn ich ihm
begegnet war im Supermarkt beim
Einkauf mit seiner Mama.

Und nun fühlte die sich gedemütigt,
war enttäuscht, in ihrem Ehrgefühl verletzt,
schlug dem Kleinen unvermittelt ins Gesicht,
während wir uns feige davon stahlen,
allerdings mit betretenen Mienen,
voller Empathie für den Jungen.

Im Supermarkt sah ich ihn mit
der Haushälterin, zwei Tage nach dem
fatalen Geschehen. Nie hatte ich ihn
Herumnörgeln hören wie viele der
anderen Kinder, die Süßigkeiten
aus den Regalen einforderten. Auch
dieses Mal war er ruhig, aber ohne
sein Schönwetterleuchten in den Augen,
wie es nur aufsteigen konnte aus
der Tiefe des Unbewussten. Es
war erloschen; fortan sah ich ihn
nur noch entleert, wie in einem
emotionalen Schützengraben kauernd.