Diesmal lässt mich das Magazin mit gemischten Gefühlen zurück.
Zwar ist die Aufmachung wie üblich toll, die Poster aind hübsch und auch die Leseproben waren wieder hilfreich, aber der Artikel über die Heirat in Japan scheint mir aus Wikipedia zusammengeschustert worden zu sein.
An sich liest er sich interessant, aber es wird das Gefühl geweckt, als sei die Shintō-Hochzeit eine seit langer Zeit bestehende Tradition. Das stimmt aber nicht.
Die erste shintōistische Hochzeit fand 1900 statt. Sie gilt als "invented tradition" und ihr alleiniger Zweck bestand darin, das Volk zu einen und das Nationalbewusstsein zu stärken (der Hintergrund ist der des Staatsshintōs: die in der Meiji-Verfassung festgelegte Trennung von Staat und Religion bzw. Religionsfreiheit wurde umgegangen, der Kaiser wurde als oberster Priester eingesetzt und in den Schulen wurde die göttliche Herkunft des Kaisers gelehrt).
Bis 1890 war Polygamie (also die Heirat mehrerer Frauen) nicht gesetzlich verboten.
Die Shintō-Hochzeit wurde bei der Einführung 1900 als altehrwürdige Tradition vermarktet. Damals wurde in den Medien groß über diese Hochzeit berichtet (der spätere Taisho-Kaiser heiratete), um das Volk dazu zu animieren, sie nachzuahmen.
Bis 1900 gab es keine religiös motivierte Hochzeitszeremonie.
Bis dahin gab es Hochzeiten, ja, aber sie fanden im kleinen Kreis der Familie statt, aber nicht im Schrein oder im Beisein eines Priesters, sondern Zeremonienmeister trauten die Paare zu Hause.
Natürlich passt weder das Bild von Polygamie noch von staatlicher Gehirnwäsche in die rosarote Welt des Shojo, und auch wenn ihr an keiner Stelle erwähnt, wie ihr den Begriff von "Tradition" auslegt, ein bisschen mehr Realität hätte ich mir gwünscht. Selbst wenn es nur in der Form gewesen wäre, dass ihr die Shintō-Hochzeit als junge Tradition bezeichnet, um kein falsches Bild in den Köpfen der Leser zu schaffen.
Selbst wenn dieses (falsche) Bild einer alten Tradition vom Kaiserhaus gewünscht war.
Amüsiert hat mich allerdings eine Stelle:
Sie? Karin? Ist sie der Inbegriff der romantischen Liebesehe?Dass Karin in einem westlichen weißen Kleid und in einer Kirche heiratet, ist mittlerweile nicht unüblich in Japan. Seit dem zweiten Weltkrieg gilt sie sogar als Inbegriff der romantischen Liebesehe!
Mal davon abgesehen, dass dieser Satzbau einfach merkwürdig klingt, ist es nicht verwunderlich, dass die christliche Hochzeitszeremonie DIE Zeremonie wurde, wurde der Staatsshintō nach Japans Niederlage im Krieg aufgelöst und das Christentum nach jahrhundertelangen Verbot (von 1638 bis 1946, wenn ich mich richtig erinnere) wieder erlaubt.
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