(Cover des französischen Band 1 von Ryūkō, Künstler ist Yoshimizu Eldo, erscheint beim Verlag Le Lézard Noir)
Ryūkō von Yoshimizu Eldo wird in Japan von dem Künstler selbst vertrieben, ist auf Amazon bspw. nicht einmal zu finden. Yoshimizu ist vorrangig bekannt durch seine Bildhauerei, jedoch hat es seit dem Erscheinen von Ryukō in Frankreich Ende letzten Jahres recht viel Wirbel um diesen Titel gegeben. Inzwischen gibt es auch eine italienische Ausgabe, bald folgt dann auch die deutsche. Der Titel umfasst zwei Bände und ist in erster Linie eine Liebeserklärung an die flashigen japanischen 70er Jahre-Actionstreifen voller Sex und Gewalt.
Die Handlung dreht sich um die wortkarge Chefin eines Yakuza-Clans, Ryūkō, dessen Machenschaften weit vernetzt, bis in den Mittleren Osten, in ein Königreich namens Forossyah, reichen. Dort wird im Zuge eines Staatsstreiches die neugeborene Königstochter namens Barrel vom scheidenden König an die Clanchefin übergeben, die sich 18 Jahre lang um das Kind kümmert. Barrel, inzwischen zu einer schönen jungen Frau herangereift, steht der Sinn nach mehr Freiheit, welches von Ryūkō aber aufgrund von Sicherheitsbedenken unterbunden wird. Das Militär kommt der Königstochter auf die Schliche und greift das Hauptquartier des Clans in Forossyah an. Ryūkō entschließt sich im Angesicht der Ereignisse zu einer Rückkehr nach Japan.
Der Titel ist, wie bereits erwähnt, eine Hommage an die Gangsterfilme aus den 70ern, eine Kreuzung aus Film Noir und Pulp, quasi eine Art Kill Bill in Manga-Form. Es trieft nur so vor visueller Eleganz und Stil, wenn die katzengleichen Körper tätowierter Frauen lasziv aber erbarmungslos, mit Pistole und Schwert umgehen. Bei dieser ruchlosen Orgie für die Sinne ist Gut und Böse nicht klar definiert, die Suche nach Liebe, nach Zugehörigkeit, der Wunsch nach Mutter und Vater, allgegenwärtig. Ein emotionales Feuerwerk, mit dunklem verführerischen Strich gezeichnet. Das ist, was den Titel für mich am Ende ausmacht. Die Geschichte hat durchaus auch einen emotionalen Charakter, es ist überraschend mehr als nur "Explosionen, Schießereien und Sex", aber vorrangig anziehend für mich ist die wilde Ästhetik, die an alte Gekiga-Größen erinnert, an eine vergangene Epoche, mit deutlicher Bildsprache auf allzu viele begleitende Worte verzichten zu können, ein Kamimura Kazuo oder Matsumoto Leiji lassen hier grüßen. Ich bin sehr froh, dass so ein ungewöhnlicher, fast schon anachronistischer Titel Platz im Programm von Carlsen gefunden hat. Oder vielleicht, in meinem Optimismus schwelgend, genau deswegen.
Wer eine einnehmende, düstere Gangstergeschichte lesen möchte, die dabei glanzvoll einen stillvollen Retro-Stil annimmt, der sollte sich den Titel bei Erscheinen auf jeden Fall näher ansehen. Ich glaube, hier ist es mehr als je angebracht, auf einen Trailer des französischen Verlags Le Lézard Noir zu verweisen, denn Bilder sagen hier wieder einmal mehr...
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